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Zum Jahrestag stellt sich Russland bloß

Baltische Staaten: Russland rechtfertigt Hitler-Stalin-Pakt – und „vergisst“ das Wichtigste

Welch eine peinliche Bloßstellung für Russland: Das russische Außenministerium hat anlässlich des Jahrestages der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes von 1939 ein Video veröffentlicht, das das historische Unrecht rechtfertigt.

Hitler Stalin Pakt Baltikum
Joachim von Ribbentrop verliest eine Notiz auf einer Pressekonferenz. (Symbolbild/Quelle: depositphotos.com)
Darin wird laut ERR.ee die Unterzeichnung des für den Geschichtsverlauf in Europa verheerenden „Nichtangriffsvertrages zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ (so der offizielle Titel) gerechtfertigt, ohne auf zentralste Elemente einzugehen.

Gemeint sind die sogenannten Geheim- bzw. Zusatzprotokolle, mit denen Hitler und Stalin am 23. August 1939 – in Vertretung durch die Unterzeichner Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Molotow – Teile des Kontinents willkürlich in Einfluss-Sphären unterteilten.

Demnach sollten im Falle einer „territorial-politischen Umgestaltung“ unter anderem Ostpolen, Finnland, Estland und Lettland dem sowjetischen Einflussbereich angehören. Litauen und das nur wenige Tage später von Hitler überfallene Westpolen gingen hingegen an das Deutsche Reich.

Zur Einordnung: Am 1. September 1939, also nur gut eine Woche nach der Ratifizierung des Paktes, überquerten deutsche Truppen die deutsch-polnische Grenze und eröffneten den 2. Weltkrieg.

Am 17. September überquerten dann sowjetische Truppen die polnische Grenze von Osten her und hielten am 22. September zusammen mit Nazi-Deutschland eine Militärparade in Brest-Litowsk ab. Zwei totalitäre Staaten vereint im Moment, flankiert durch einen Grenz- und Freundschaftsvertrag.

Für die baltischen Staaten bewahrheitete sich das Vertragswerk dergestalt, dass Moskau umgehend Stationierungsrechte für die Rote Armee einforderte. Entsprechende Abkommen wurden am 28. September mit Estland, am 5. Oktober mit Lettland und am 10. Oktober mit Litauen geschlossen.

Für die sogenannten Deutsch-Balten folgte wenig später im Einvernehmen mit der Sowjetunion der Ruf „Heim ins Reich“, um den deutschstämmigen Bevölkerungsanteil in Teilen Polens (u.a. Danzig-Westpreußen) anzuheben – und die ansässige Bevölkerung als fremdvölkisch zu brandmarken.

Nach der völkerrechtswidrigen Besetzung Estlands, Lettlands und Litauens durch die Sowjetunion im Juni 1940 kam es hier zu Massendeportationen, vor allem aus dem Bereich der bürgerlichen Eliten. 1941 dann die Eroberung durch deutsche Truppen und später (1944/45) die dauerhafte Wiederbesetzung durch die Rote Armee.

Verbrieft ist, dass die Sowjetunion sich auch nach Ende des 2. Weltkrieges jahrzehntelang weigerte, die Existenz der Zusatzprotokolle anzuerkennen. Leider passt ins Bild, dass Wladimir Putin heute erneut völlig offen in transnationalen Einfluss-Sphären denkt – und das auch so kommuniziert.

Spielball der Mächte zu sein, haben die baltischen Staaten jedenfalls mehr als reichlich erleben dürfen. Daher ist nur zu logisch, dass hier auf verharmlosende, dem Lauf der Geschichte nicht gerecht werdende Darstellungen aus Moskau oder sonst wo her ganz genau geachtet wird.

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