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Muscimol – „Höchst bedenklich“

Lettland: Warum wurde der giftige Fliegenpilz zum Verkaufsschlager im Ausland?

Das Sammeln von Pilzen hat in Lettland eine lange Tradition. Gerade Richtung Spätsommer und Herbst kann man in den Wäldern des Landes viele Menschen sehen, die mit Körben unterwegs sind. Da sollen dann Pilze rein, für die deftige Bratensoße oder zum Einlegen.

Fliegenpilz aus Lettland
Auf der Suche nach Muscimol, das in baltischen Fliegenpilzen am höchsten dosiert ist?
(Foto: Mathew Schwartz)
Etwa 4.000 Pilzarten gibt es in Lettland, von denen gut 1.000 für den Verzehr geeignet sind. Damit nichts Falsches im Korb landet, muss man sich also ziemlich gut auskennen oder sollte sich (als Neuling) in die Obhut eines Mykologen begeben, eines professionellen Pilzwissenschaftlers.

Aber merkwürdigerweise gibt es in Lettland seit ein, zwei Jahren den Trend, dass Sammler die schmackhaften Pilzsorten links liegen lassen – und stattdessen zum Fliegenpilz greifen, der kulinarisch betrachtet nur fürs allerletzte Mahl geeignet ist. Denn Amanita muscaria, so der lateinische Name, ist bei aller Schönheit vor allem eines: hochgiftig.

Das lettische Fernsehen hat nun den Versuch unternommen, den mysteriösen Hype um den Pilz zu erklären. Man sprach dafür mit Sammlern und Händlern. Und siehe da: Im Netz scheint es zahlreiche Abnehmer zu geben, die es genau auf den lettischen Fliegenpilz abgesehen haben.

Erklärt wird die Nachfrage durch einen bestimmten Inhaltstoff, Muscimol nämlich, von dem man allerdings nicht genau weiß, was der Endkunde denn nun damit anstellt. Fakt ist nur: Muscimol ist in baltischen Fliegenpilzen am höchsten dosiert.

Laut LSM.lv gibt es die plausible Erklärung, dass in getrockneter Form ins Ausland verschickte Fliegenpilze zur Herstellung homöopathischer Anwendungen wie Salben und Aufgüsse verwendet werden.

Gegen Schmerzen oder nervöse Leiden beispielsweise. „Höchst bedenklich“, urteilt ein Phytotherapeut auf Anfrage des lettischen Senders, da für Laien gerade die richtige Dosierung das Problem sei. Finger weg von Selbstexperimenten, unbedingt, sagt der Fachmann.

Und dann wäre da noch Punkt 2, die halluzinogene Wirkung des Inhaltsstoffes, die in getrockneter Form noch am verträglichsten sein soll. Ein Rauschmittel also, mehr oder weniger legal im Internet bestellt, von dem Experten natürlich ebenfalls vehement abraten. Dem zahlenden Kunden wird’s in diesem Fall aber völlig egal sein.

So oder so: Am meisten wäre sehr wahrscheinlich allen geholfen, wenn der Fliegenpilz einfach an Ort und Stelle bliebe. Denn nicht den Menschen, vor allem den Bäumen hilft er, indem er die Aufnahme von Nährstoffen und Wasser nachweislich verbessert.

Für die Vitalität der Wälder sei der Fliegenpilz unerlässlich, sagen Fachleute. Ganz und gar nicht jedoch für die Vitalität des menschlichen Körpers. Jedenfalls dann, wenn man ohne Expertenrat und -kenntnis einfach mal im Netz bestellt.

QUIZ

sh

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Jörg
Jörg
4. Februar 2024 1:37

Der Autor des Artikels hat sich offensichtlich nicht die Mühe gemacht, mal wirklich zu recherchieren. Der Fliegenpilz ist nicht „hochgiftig“ und schon gar nicht tödlich (für gesunde Erwachsene). Die enthaltene Ibotensäure hat einfach nur sehr unangenehme Wirkungen (vor allem Übelkeit). Beim Trocknen verschwindet sie fast vollständig. Übrig bleibt eine eher sanfte Droge, die bei vernünftiger Dosierung weniger schädliche Wirkungen hat als Akohol, aber viele von dessen positiven Effekten aufweist (Halluzinationen treten höchstens bei extrem hoher Dosierung auf). Ein bewusster, vernünftiger Umgang damit ist natürlich (wie bei jeder Droge) angesagt, aber obiger Artikel vermittelt ein völlig verzerrtes Bild.