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„Wir waren völlig überrascht“

England: Rätselhafter römischer Dodekaeder mit Metalldetektor entdeckt – rund 1.700 Jahre alt

Bei einer Ausgrabung in der Nähe des Dorfes Norton Disney in Lincolnshire haben Archäologen durch Zufall ein rund 1.700 Jahre altes Metallobjekt entdeckt, dessen Verwendung im Römischen Reich nach wie vor ein Rätsel ist.

Dodekaeder Ausgrabung 1
Mysteriöses Ding: der Dodekaeder unmittelbar nach seiner Entdeckung. (Foto: Norton Disney History and Archaeology Group)

Bei dem Objekt handelt es sich um einen sogenannten Dodekaeder – ein 12-seitiges Bronzegebilde, in dessen Mitte sich ein Hohlraum befindet. Es hat etwa die Größe eines Apfels. Und ja, schon der Anblick des filigran gearbeiteten Objektes hat etwas Mysteriöses.

Dabei ist es längst nicht der erste Fund dieser Art in West- und Nordeuropa. Etwa 100 Stück sollen laut Medienangaben in der Vergangenheit bereits entdeckt worden sein. Und zwar jedes Mal verbunden mit der Hoffnung, dass doch das direkte Umfeld des Fundes die Bedeutung mitliefern möge.

Aber auch hier, auf diesem Acker etwa 60 Kilometer südöstlich von Sheffield, konnten die beteiligten
Archäologen außer dem Objekt selbst nichts Greifbares zu dessen früherer Verwendung finden. Fürs Erste bleibt es ein Rätsel.

„Es war unser vorletzter Grabungstag, da tauchte auf einmal dieses Ding auf“

Kommen konnte es zu dem Fund überhaupt erst, weil auf dem Acker bei geophysikalischen Untersuchungen Mitte 2023 Unregelmäßigkeiten im Untergrund festgestellt worden sind. Zudem hatten Amateure mit Metalldetektoren auf dem Acker bereits römische Münzen entdeckt.

„Dass wir auf etwas stoßen könnten, war nicht unwahrscheinlich“, schildert Richard Parker, Sprecher der Norton Disney History and Archaeology Group, die Ausgangslage für die Ausgrabungen, die für etwa zwei Wochen vorgesehen waren.

„Es war unser vorletzter Tag“, sagte Parker dieser Tage gegenüber Live Science, „und da tauchte dann auf einmal dieses Ding auf. Wir waren davon völlig überrascht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir kaum Metallsignale erhalten, aber plötzlich war es da.“

Dodekaeder Ausgrabung 2
Das Team aus Freiwilligen präsentiert den seltenen Fund. (Foto: Norton Disney History and Archaeology Group)

Das Objekt ist vollständig und intakt, während viele andere, die in der Vergangenheit entdeckt wurden, stark beschädigt oder fragmentiert waren. Außerdem wird die Größe für einen römischen Dodekaeder als klar überdurchschnittlich beschrieben.

Alle Dodekaeder stammen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus

„Sie können auch so klein wie ein Golfball sein“, sagt Parker. Alle bislang geborgenen Objekte dieser Art stammen übrigens aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus und tauchten ausschließlich in den ehemaligen nördlichen Gebieten des Römischen Reiches auf.

Das Problem: Sie tragen keinerlei Aufschrift, und in römischen Schriften ist nichts über die Verwendung solcher Dodekaeder zu finden. Daher bleiben bislang lediglich Mutmaßungen, um was es sich gehandelt haben könnte.

Am plausibelsten erscheint vielen Archäologen, dass die Dodekaeder in gallorömischen Regionen als religiöse oder kultische Zweckobjekte verwendet wurden. Beispielsweise für Wahrsagerei oder Zauberei.

Das jedenfalls würde erklären, weshalb sich in den alten Quellen nichts zur Existenz solcher Artefakte findet. Das römische Gesetz verbot nämlich die Auseinandersetzung mit Themen wie Magie. Ergo wurde darüber auch nichts geschrieben.

Es gibt aber auch die Theorie, dass es sich um ein rein praktisches Utensil für Handarbeiten gehandelt haben könnte. So kursieren Videos im Netz, in denen sehr plausibel erklärt wird, wie man mit einem Dodekaeder damals hätte stricken könnenn – und es natürlich auch heute kann.

Hintergrund: Das regelmäßige Dodekaeder ist wie folgt aufgebaut. Es handelt sich um einen Körper mit 12 kongruenten Fünfecken, 30 gleich langen Kanten und 20 Ecken. An den Ecken treffen jeweils drei der Fünfecke zusammen.

So gut wie alle Entdeckungen gehen auf Römersiedlungen zurück, in denen zuvor Kelten lebten. Das Fundgebiet erstreckt sich von England bis Ungarn, die meisten stammen jedoch aus Deutschland und Frankreich. Zum ersten Mal erwähnt wurde ein Dodekaeder-Fund 1739 in der englischen Gemeinde Aston.

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