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Wales fühlt sich von London im Stich gelassen – Ein Kommentar

Waliser demonstrieren für ihre Unabhängigkeit

Die Unzufriedenheit in Wales mit der britischen Zentralregierung wächst ebenso wie der Wunsch der Waliser nach Unabhängigkeit von London. Am Samstag demonstrierten 2.000 bis 3.000 Menschen in Cardiff für eine Loslösung ihres Landes von Großbritannien. Das berichtete gestern das walisische Nachrichtenportal Wales Online.

Wales Unabhängigkeit
Am Samstag demonstrierten bis zu 3.000 Menschen für die walisische Unabhängigkiet von Großbritannien. (Foto YesCymru)

„Wir haben es satt. Es ist ein System, das für uns nicht funktioniert, was uns schon immer bewusst war. Doch vor kurzem sind viele Dinge besonders deutlich geworden, vor allem im Lichte des Brexit. Und nichts wird sich ändern, wenn wir nichts dafür tun.“

Das sind die Worte des 28-jähren Unabhängigkeitsaktivisten Deian Timms aus Llangollen, der am Samstag beim All Under One Banner Cymru March in Cardiff mitmarschiert ist. So zitiert von Wales Online.

Den Marsch für die Unabhängigkeit Wales‘ hat die überparteiliche Organisation All Under One Banner (AUOB) Cymru auf den Weg gebracht, unterstützt wurde die Demonstration von YesCymru, Awoken Cymru und Welsh Football Fans for Independence. Die Organisatoren beschrieben die Demo als den „first ever“ march for Welsh independence, den „allerersten“ Marsch für die walisische Unabhängigkeit.

Die Organisatoren hoffen, dass die Demo in Cardiff zu einem „wiedererwachenden Interesse“ in der Bevölkerung führt, heißt es bei Wales Online. Gemeint ist das Wiedererwachen der walisischen Nation.

Das obige Zitat von Deian Timms bringt die Denkungsart der Demonstranten auf den Punkt. Unter ihnen herrscht die Meinung vor: „London vertritt nicht unsere Interessen. Das politische Establishment spricht nicht für uns. Wenn sie unsere Interessen nicht vertreten, werden wir jemanden finden, der das tut.“

Es ist der Ausdruck der Entfremdung, die die traditionelle politische Landschaft zum Beben bringt. Im gewissen Sinne ist diese Denkweise dieselbe, die dem rechten Populismus zum Aufschwung verhalf. Doch der walisische Wunsch nach Unabhängigkeit sei keineswegs nationalistisch, kommentiert Paul Rowland, politischer Redakteur bei Wales Online, „die DNA der walisischen Unabhängigkeitsbewegung ist freiheitlich und internationalistisch.“

Sollte Rowland Recht haben, ist es eine gute Nachricht für alle Menschen Europas, die den Aufstieg des Rechtspopulismus, der die EU einer harten Zerreißprobe unterzieht, mit Sorge und Widerwillen betrachten.

Nach einer Erhebung der Universität Cardiff unterstützen 12 Prozent der Waliser ihre nationale Unabhängigkeit. Eine Minderheit zwar, jedoch eine große Minderheit, die schnell an Fahrt aufnehmen könnte. Denn im Lande gibt es viele unentschlossene Sympathisanten, wie Rowland analysiert, die sich doch noch entschließen könnten. Vor allem dann, wenn der Brexit kommt, es werden möglicherweise Dynamiken entstehen, die niemand vorhersagen kann.

Großbritanniens Brexit-Position steht unter dem Motto „Alleine stehen wir besser da“. Wer kann es den Walisern und den Schotten verdenken, wenn sie das Motto nun auch für sich beanspruchten. Anfang Mai demonstrierten in Glasgow Zehntausende Menschen für die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien.

Wer kommt als nächstes, Nordirland? Die Situation dort ist eine andere als in Schottland und Wales, die Unabhängkeitsbewegung ist militant und gewaltbereit, ebenso militant wie die Unionisten Nordirlands. Sollte es dort zu Abspaltungsversuchen kommen, wird Blut fließen. Man muss kein Prophet sein, um das kommen zu sehen.

Die englischen Chauvinisten um Boris Johnson und Theresa May haben Großbritannien und Europa einen Bärendienst erwiesen. Der Versuch des Alleingangs Großbritanniens entpuppt sich als eine Matrjoschka, – egal, wie unabhängig man ist, es geht noch unabhängiger. Eine große Schwächung der europäischen Position Angesichts der immer öfter anrollenden Druckwellen aus den USA, Russland und China.

ap

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