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„In jeder Hinsicht größer“

Dänemark: Nächstes Rätsel um sagenhaften Vindelev-Goldschatz gelöst

2020 entdeckte ein Metalldetektiv auf einem Feld in Vindelev unweit der dänischen Gemeinde Jelling einen nahezu beispiellosen Goldschatz. Der in Teilen rätselhafte Hort aus dem 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus elektrisiert die Fachwelt bis heute – mit immer wieder spannenden Erkenntnissen.


Bilder 1 bis 10: Vejlemuseerne / www.vejlemuseerne.dk

Zu den insgesamt 23 Fundstücken, aus denen sich der Schatz zusammensetzt, gehören vier römische Münzen, sechzehn Brakteaten (einseitig aus Goldblech geprägte Medaillen) von teils ungewöhnlicher Größe und der goldene Beschlag einer Schwertscheide.

Bedeutung haben die Fundstücke nicht nur wegen ihrer Größe und hohen Verarbeitungsqualität, sondern auch wegen ihrer möglicherweise frühesten bekannten Erwähnung des nordischen Gottes Odin. Nur zum ehemaligen Besitzstand des Goldes gab es bislang eher vage Theorien. Bislang.

Dass auch in diese spannende Frage Bewegung zu kommen scheint, zeigen neue Forschungsergebnisse des dänischen Nationalmuseums, die soeben in der internationalen Forschungszeitschrift Numismatic Chronicle veröffentlicht wurden.

Sie basieren auf einer Untersuchung der vier römischen Münzen durch die Archäologin Helle Horsnæs. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Medaillons höchstwahrscheinlich als Brautzahlungen / Geschenke in einem Netzwerk wichtiger Persönlichkeiten im nicht-römischen Teil Europas fungierten.

Und eine dieser Persönlichkeiten, so ihre Analyse, dürfte auf einem Bauernhof in der kleinen jütländischen Gemeinde Vindelev beherbergt worden sein. Es dürfte, es müsste der Besitzer der vier im 3. Jahrhundert nach Christus geprägten Münzen gewesen sein.

“Für uns sehr überraschend, dass dort solche Artefakte gefunden wurden“

„Es gibt andere aufregende Goldfunde in Ostjütland, aber Vindelev ist in jeder Hinsicht größer. Wir haben keinerlei Anzeichen für eine dort wurzelnde Machtbasis. Daher ist es für uns sehr überraschend, dass dort solche Artefakte gefunden wurden“, sagt Helle Horsnæs.

„Artefakte, die nicht nur auf lokale Macht, sondern auf allerhöchste Verbindungen hinweisen“, fährt sie fort. „Das bringt Vindelev wirklich auf die europäische Landkarte und stellt den Besitzer auf eine sehr privilegierte Ebene. Er muss selbst Teil der kontinentalen Elite gewesen sein.“

So märchenhaft und verwegen der Schatz auch sein mag, so kurios war auch sein Fund: Der Glückspilz namens Ole Ginnerup Schytz hatte 2020 gerade erst seinen Metalldetektor erworben, als er auf jenem Acker bei Jelling unterwegs war.


BBC-Beitrag über den Vindelev-Goldschatz

Als das Gerät dann „anschlug“, bedeuteten die schrillen Signaltöne zunächst einmal alles und nichts. Denn von Schrott bis Schatz ist in solchen Momenten immer alles möglich. Und meistens ist es Schrott, was den großen Reiz des Schatzsuchens elementar bedingt.

Anders lief es im Falle von Ole Ginnerup Schytz, den sein neuer Metalldetektor gerade zu einem der größten Goldschätze geführt hatte, die Dänemark je gesehen hat. Die Artefakte haben ein Gesamtgewicht von annähernd einem Kilogramm. Der Wert: in vielerlei Hinsicht unbezahlbar.

Eines der Medaillons zog die Aufmerksamkeit von Helle Horsnæs besonders auf sich

Die vier Goldmedaillons aus dem Vindelev-Schatz haben, so viel ist nun bekannt, eine lange Reise hinter sich. Sie wurden von vier verschiedenen Kaisern in den 300er Jahren ausgegeben und hatten unter anderem Schlaufen, die außerhalb des Römischen Reiches angebracht wurden.

Wegen der Schlaufen liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Schmuckanhänger für eine Frau handelte. Soweit die Gemeinsamkeiten, doch eines der Medaillons hat die Aufmerksamkeit von Helle Horsnæs besonders auf sich gezogen.

Es stellte sich heraus, dass es mit genau derselben Prägung versehen war wie ein Medaillon, das in Zargozyn in Polen gefunden wurde. Das bedeutet: Die Medaillons folgten einander aus dem Römischen Reich und wurden danach in derselben Werkstatt mit Schlaufen versehen – und zu Anhängerschmuck umgearbeitet.

Danach könnte eines der beiden Medaillons nach Zargorzyn in Polen und das andere nach Vindelev in Dänemark gereist sein. „Das zeigt, dass das europäische Elitennetzwerk zu dieser Zeit weit gespannt war, sie waren bereits miteinander verbunden“, folgert Helle Horsnæs.

Hintergrund: Es wird vermutet, dass der Schatz während der Klimaanomalie von 536 (gewaltiger Vulkanausbruch) nach Christus als Opfergabe niedergelegt oder während einer Krisenzeit wie der verheerenden Justinianischen Pest in den 540er Jahren vergraben wurde. Der Fundort liegt etwa 300 Meter südöstlich der im 12. Jahrhundert errichteten romanischen Feldsteinkirche von Vindelev.

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