Facebooktwitterpinterestrssinstagram

Durchs norwegische Fjell zum Fjord

Von Finse nach Flåm – Eine Radtour auf dem norwegischen Rallervegen

Bahnarbeiterweg, das ist die Übersetzung für den norwegischen Rallervegen, einem nicht asphaltierten Weg, der heute als Radweg genutzt wird.

Im Jahr 1894 wurde offiziell im norwegischen Parlament beschlossen, dass es eine Eisenbahnverbindung, die Bergensbanen, zwischen Oslo, das damals noch Christiania hieß, und Bergen, bis 1880 die größte Stadt Norwegens, geben sollte.


Bild 1: Die Strecke führt durch das sommerliche Fjell. (Bianca Turtur / Nordisch.info)
Bild 2: Schieben empfehlenswert. (Bianca Turtur / Nordisch.info)
Bild 3: Von nun an geht’s bergab. (Bianca Turtur / Nordisch.info)
Bild 4: Blick aus der Kurve im Flåmdalen. (Bianca Turtur / Nordisch.info)
Bild 5: Die Tour mit ihren Höhenmetern immer gut im Blick. (Bianca Turtur / Nordisch.info)
Bild 6: Ziel erreicht: Flåm am Aurlandsfjord. (Bianca Turtur / Nordisch.info)

Die Hochflächen der Hardangervidda, die zwischen den beiden Städten lagen, waren weglos und aus diesem Grund musste vor den eigentlichen Schienen und dem Gleisbett erst einmal ein Versorgungsweg gebaut werden. Über diesen Weg wurden dann die Arbeiter und das Material zu den jeweiligen Baustellenabschnitten gebracht; und dieser Rallervegen wurde von den drei Orten Voss, Flåm und Geilo aus gebaut und verbunden.

Er verläuft noch heute teils parallel zu dieser Bahntrasse. Die Zugstrecke wurde dann Anfang des 20. Jahrhunderts eröffnet, den Rallervegen hat man wesentlich später als Radwanderweg sozusagen erschlossen, nämlich erst 1974. Er gehört sicherlich zu den schönsten Radwegen Norwegens, auch wenn seine Entstehungsgeschichte erst mal von harter Arbeit zeugt.

Landschaftlich und kulturhistorisch ein Erlebnis

Aber er wird in den kurzen norwegischen Sommern gern von Touristen beradelt. Insgesamt ist der Weg 120 Kilometer lang und sowohl landschaftlich als auch kulturhistorisch ein Erlebnis. Denn die elegante Steinbrücke, die Kleivabrua bei Kleivagjelet – zwischen Hallingskeid und Myrdal – ist mit ihren 35 Metern Spannweite ein besonderes Beispiel der Ingenieurskunst.

Der Radweg führt außerdem durch zwei kurze Tunnel, und trotz der Dunkelheit und ohne künstliche Beleuchtung in den Tunneln, lässt sich beim Einfahren und am Ausgang der naturbelassene Stein, aber auch die harte Arbeit, die da drin steckt, gut erkennen. Ansonsten: außer einigen wenigen Ferienhütten unweit der Bahnstation von Finse etwa, finden die Radler eine naturbelassene nordische Landschaft.
 
Der Weg kann mit dem eigenen Rad, das man im Zug transportieren darf, befahren werden. Straßenrennräder allerdings sollten besser in der heimischen Garage auf einen anderen Einsatz warten.

Die Strecke ist gut befestigt und wird regelmäßig unterhalten, sie ist aber durchgehend nicht asphaltiert. Nach starkem Regen, in feuchtem Zustand oder kurz nach der Schneeschmelze sind breitere Reifen und gutes Profil unbedingt zu empfehlen.

Wer in seinem Norwegen-Urlaub ohne Rad unterwegs sein sollte, kann sich für die Tour ein Rad mieten. Alle, die die gesamten 120 Kilometer radeln möchten, beginnen meist in Haugastøl und leihen hier den Drahtesel aus.

Rallervegen auch als Tagestour

Doch man kann den Rallervegen auch als Tagestour radeln. Dazu springt man morgens beispielsweise von Bergen oder Voss in die Bergensbanen (idealerweise gleich morgens den ersten Zug nehmen, dann hat man genug Zeit für die 54 Kilometer bis nach Flåm) und erreicht Finse nach ca eineinhalb Stunden Zugfahrt, von Voss aus.

Direkt am Bahnsteig in Finse gibt’s ebenfalls Räder zum Leihen und für alle Radler mit Gepäck auch wetterfeste Gepäcktaschen fürs Rad (hotelfinse1222.no/lei-sykkel, Vorabreservierung ist empfehlenswert). Wetterfeste warme Kleidung keinesfalls vergessen.

Ist das Rad angepasst und vielleicht eine kleine Probefahrt absolviert, kann es auch schon los gehen von Norwegens höchst gelegener Bahnstation auf 1222 Metern in Richtung Flåm, das auf Meereshöhe liegt. Allerdings geht es erst mal nicht nur bergab, ein paar kurze und nicht allzu steile Anstiege durch die Fjell-Landschaft müssen erst noch erstrampelt werden.

Wer es gemütlich haben möchte, plant etwa fünf bis sechs Stunden für die Tour ein – ausgiebige Rundblicke, Fotostopps und vielleicht das mitgebrachte Picknick, unterwegs gibt es keine Verpflegungsmöglichkeiten, inklusive.

Auf über 1.000 Metern wechseln sich die zahlreichen Seen ab oder gehen direkt ineinander über, Flussläufe und Bäche schaffen Verbindungen und auch bei sommerlichen Temperaturen im Juli um ca 18 Grad Celsius zur Mittagszeit, hat es doch noch recht viele Altschneefelder.

Auf dem eigentlichen Weg sind es nicht mehr viele und sie können leicht mit dem Rad überquert werden. Doch ab Herbst und im langen Winter ist alles tief verschneit und die Norweger, die hier oben eine der wenigen Ferienhütten haben, erzählen gern Geschichten über ihre eingeschneiten Hütten. Da weiß man angeblich nicht immer sofort, ob man an der richtigen Stelle das Schneeschaufeln beginnt.

Auf den ersten 21 Kilometern befindet sich mit 1343 Metern der höchste Punkt der Tour und hier sollte natürlich ein Halt eingelegt werden. Der Ausblick ist bei sonnigem Wetter rundrum herrlich.

Dann folgen etwa 15 Kilometer abwechselnd flach und leicht bergan. Wer dann nach Myrdal radelt oder zurück nach Voss fährt, folgt dieser Beschilderung. Für alle anderen geht es weiter Richtung Flåm und es folgen weitere sehenswerte 17 Kilometer und man sieht wie sich die Landschaft nach und nach verändert und sich üppig grün präsentiert.

Der Weg führt durchs Flåmdalen fast neben dem Wasserfall hinunter über 21 Haarnadelkurven, die es in sich haben. Bremsen ist da unbedingt empfehlenswert, denn es geht tatsächlich rasant bergab und die Bedeutung „Haarnadelkurve“ wird auch allen mit Kurzhaarschnitt schnell klar. Und warum kommt hier kaum Gegenverkehr? Dazu ist es bergauf einfach zu steil.

Wer von Flåm die Tour machen möchte, nimmt am besten die beliebte Flåmbahn nach oben.

Nun schlängelt sich der Weg fast mittig durchs Tal und wir Radler wirken schon recht klein zwischen den mächtigen, bewaldeten Bergwänden. Erreicht man die sanften Talausläufer, heißt es dann zur Belohnung, einfach gleiten lassen und die schöne Fjordlandschaft genießen.

Am Ende der Tour radeln alle mit Leihrädern direkt zum Bahnsteig der Flåmbahn und stellen den Drahtesel an der entsprechenden Beschilderung ab; mit dem letzten Zug aufwärts werden alle Zweiräder dann wieder für die Ausleihe am nächsten Tag nach oben gebracht, und die fleißigen Radler können zur Erfrischung noch in den kühlen Fjord springen.
 

Übernachtungsmöglichkeiten:

  • Flåm: Flambrygga Hotel, hochpreisig, sehr schöne Zimmer mit Balkon, hoteleigene kleine Brauerei, flamsbrygga.no; Flåm Camping und Hostel: flaam-camping.no.

  • Voss: Fleischer’s Hotel, Zimmer im Haupthaus, preisgünstige Apartmentzimmer mit Küche am See, reichhaltiges Frühstücksbuffet, fleischers.no.

  • Bergen: Scandic Byparken, üppiges Frühstücksbuffet, ausgesprochen freundliches Personal, scandichotels.de.

Unser Geographie-Quiz: Norwegen und seine Landschaft

Sie wollen diesen Beitrag teilen?

Facebooktwitterredditpinterestmail
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest

0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen