Facebooktwitterpinterestrssinstagram

„Pravfond“ verlängerter Arm russischer Geheimdienste

Geheime Zahlungen: Litauische Anwälte und Politiker auf russischer Gehaltsliste

Ein investigativer LRT/OCCRP-Bericht deckt auf, wie der Kreml über Jahre hinweg gezielt Anwälte und Politiker in Litauen finanziert hat – über eine angeblich wohltätige Stiftung, die als verlängerter Arm russischer Sicherheitsdienste gilt.

Pravfond Russland
Durchgesickerte Dokumente enthüllen, dass Anwälte und Politiker in Litauen auf der Gehaltsliste des Kremls stehen. (Symbolbild: Michael Parulava)
Ein internationales Rechercheteam unter der Leitung von LRT und dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) hat zehntausende interne E-Mails und Dokumente ausgewertet.

Der brisante Fund: Die Stiftung „Pravfond“, gegründet per Dekret von Präsident Wladimir Putin und beaufsichtigt vom russischen Außenministerium, zahlte über Jahre hinweg Millionen an pro-russische Akteure im Ausland – darunter prominente litauische Anwälte, Politiker von der Hinterbank und Aktivisten mit Verbindungen zum Kreml.

Zahlungen an Verteidiger von Kreml-Verbündeten

Die Stiftung finanzierte nicht nur bekannte Spione und Propagandisten, sondern auch deren juristische Verteidigung. In Litauen gehörte dazu der Anwalt Ryšardas Burda, der unter anderem den wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilten FSB-Offizier Michail Golovatow und den Panzerkommandanten Juri Mel im Fall vom 13. Januar 1991 verteidigte – dem blutigen Angriff sowjetischer Truppen auf litauische Zivilisten.

Burda, früher im litauischen Innenministerium tätig, forderte und erhielt laut Unterlagen über 60.000 Euro aus Moskau. Auch nach der Verhängung von EU-Sanktionen gegen Pravfond und die russische Sberbank 2023 beantragte er weiterhin Gelder – nun explizit in Rubel und auf ein Konto bei einer sanktionierten Bank.

Einfluss auf Politik: Verbindungen bis in Generalstäbe

Burda steht in engem Kontakt zu Valdas Tutkus, einem pensionierten General und Vorsitzenden der Partei „Alternative für Litauen“. Tutkus verteidigte seinen Kollegen gegenüber LRT: „Ein russisches Bankkonto zu haben, ist kein Verbrechen.“ Für ihn sei entscheidend, dass Burda als Anwalt arbeite – wie er bezahlt werde, sei Privatsache.

Doch Burda ist nicht allein. Auch andere Anwälte, darunter Julija Asovskaja und Nikolajus Voinovas, beantragten finanzielle Unterstützung von Pravfond – ebenfalls für die Verteidigung pro-russischer Angeklagter im Fall vom 13. Januar oder wegen Spionagevorwürfen. Zahlungen wurden trotz Sanktionen über Umwege oder über Sberbank-Konten abgewickelt. Die litauische Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (FNTT) erklärte gegenüber LRT, ihr seien keine Genehmigungsanträge der betreffenden Anwälte bekannt.

Von Minsk bis Panama: Netzwerk der Kreml-Unterstützer

Besonders aktiv zeigte sich auch Stanislovas Tomas – eine dubiose Figur, die sich selbst als Anwalt bezeichnet, Litauen aber bereits vor Jahren verlassen hat. Er stellte bei Pravfond Finanzierungsanträge in Höhe von 60.000 Euro, unter anderem für Klagen gegen den litauischen Staat vor internationalen Gremien.

Nachdem seine panamaische Bank russische Überweisungen blockierte, bat Tomas um Zahlung in Kryptowährungen. Am Ende erhielt er das Geld dennoch.

Pravfond finanzierte zudem Propagandaaktivitäten wie Veranstaltungen in Minsk, juristische Unterstützung für Personen wie Erika Švenčionienė – die sowjetische Denkmäler in Vilnius verteidigte – und Übersetzungen für Klagen von Algirdas Paleckis, einem wegen Spionage verurteilten Politiker.

Paleckis, der von der lettischen Ex-Europaabgeordneten Tatjana Ždanoka unterstützt wird – sie wurde später als FSB-Agentin enttarnt – plante mit russischer Hilfe eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Ziel: Rehabilitierung sowjetischer Narrative

Ein zentrales Ziel der Kreml-Stiftung: Die juristische und mediale Rehabilitierung der sowjetischen Sicht auf die blutigen Ereignisse in Vilnius im Januar 1991. Dies zeigen interne Berichte deutlich.

Unterstützte Anwälte und Aktivisten relativierten systematisch die Schuld sowjetischer Truppen, verbreiteten Kreml-Propaganda und diskreditierten das litauische Justizsystem. Eine von Pravfond finanzierte Ausstellung zum Jahrestag fand sogar in der russischen Staatsduma statt.

Drahtzieher mit Geheimdienstverbindungen

Die Leitung von Pravfond liegt in den Händen eines ehemaligen russischen Botschafters in Litauen – Alexander Udaltsov. Er wird von europäischen Geheimdiensten mit dem russischen Auslandsgeheimdienst (SVR) in Verbindung gebracht.

Ein Schattennetz aus Moskau

Die über Jahre gewachsene Einflussoperation zeigt: Der Kreml agiert nicht nur mit Waffen und Desinformation, sondern auch mit Geldkoffern für Anwälte. In Litauen existierte ein Netzwerk, das systematisch Personen mit pro-russischer Agenda förderte – mit dem Ziel, Narrative umzuschreiben, Prozesse zu beeinflussen und das Land von innen zu destabilisieren.

Pravfond ist auch für Einflusskampagnen in anderen Ländern verantwortlich, darunter in Dänemark.

Unser QUIZ zum Thema LITAUEN

Sie wollen diesen Beitrag teilen?

Facebooktwitterredditpinterestmail
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest

0 Comments
älteste
neuste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen