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Kampagne für die Gleichstellung

Finnland schenkt der Welt ein Wort: hän

Finnland will die Gleichstellung fördern und schenkt der Welt dafür ein Wort: das inklusive Personalpronomen „hän“. Hän bedeutet im Finnischen „er“ oder „sie“. Die Finnen unterscheiden in der Sprache nicht zwischen den Geschlechtern. Das finnische Personalpronomen „hän“ ist somit das beste Symbol für finnische Gleichheit: Es ist neutral, geschlechtlich gesehen, aber auch sozial betrachtet. Somit steht hän für Gleichberechtigung und Chancengleichheit.

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Dankeskarte für deutsche Lehnwörter in der finnischen Sprache.

Finnland startete gestern eine mehrsprachige Kampagne für Gleichstellung. Damit will die Regierung anderen Sprachen für ihre Lehnwörter danken und gleichzeitig über Gleichstellung informieren. Wie viele andere Sprachen hat auch das Finnische zahlreiche Lehnwörter, also Wörter, die irgendwann aus anderen Sprachen entlehnt und ins Finnische übernommen worden sind. Finnland möchte nun dem Rest der Welt ein Wort anbieten, das zu internationalen Diskussionen über Gleichheit und Inklusion anregen soll und all diejenigen unterstützen, die sich für diese Ziele einsetzen.

Worte sind mächtig

Mit Sprache gestalten wir unsere Welt. Worte sind mächtig. Manche Sprachwissenschaftler vertreten sogar die These, dass unsere Muttersprache unsere Art zu denken beeinflusst. Hirnforscher finden immer mehr Hinweise darauf, dass Worte nicht nur unser Denken und Handeln prägen, sondern dass wir uns schon mit unserer Muttersprache bestimmte Denkmuster aneignen, die unser Leben auf überraschende Weise beeinflussen. Die Muttersprache ist demnach wie ein Objektiv, durch das wir die Welt betrachten.

Und wenn dieses Objektiv nicht zwischen „er“ und „sie“ unterscheidet, dann wird die finnische Hän-Denkweise plötzlich klar. Gesehen werden dann vordergründig und hauptsächlich nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten. Das Menschsein.

Noch wird heftig über solche Thesen gestritten, zugleich gibt es immer mehr Belege und Experimente, die diese Sichtweise stärken. Das zeigt sich etwa an unterschiedlicher räumlicher oder auch zeitlicher Wahrnehmung aufgrund unterschiedlicher Sprachen. Wer eine neue Sprache erlernt, erwirbt also zu einem gewissen Grad auch eine neue Denkweise und einen neuen Blick auf die Welt. Wachsen Menschen zweisprachig auf, schlägt sich das offenbar auch in ihrer Wahrnehmung nieder. „Beide Sprachen sind in ihrem Geist aktiv, wenn sie durch die Gegend gehen und über die Welt nachdenken“, sagt Kognitionswissenschaftlerin Lera Boroditsky. Das eröffne zudem die Chance zu erkennen, dass die Dinge ganz anders sein können, als wir immer glaubten.

Finnland würdigt weltweit die Gleichstellungsarbeit

Im Zuge der Gleichstellungskampagne zeichnen Finnlands Botschaften auch Menschen aus, die sich um Spracherwerb, Inklusion oder Gleichstellung besonders verdient gemacht haben. Zu den ersten 16 Ausgezeichneten gehören Initiativen und Einzelpersonen aus Deutschland, Singapur, Kroatien, Namibia, Norwegen, Indonesien und Japan, die in den unterschiedlichsten Bereichen wie Bildung, Minderheitenrechte und Gleichstellung der Geschlechter engagiert sind.

Katja Urbatsch, Gründerin und hauptamtliche Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation ArbeiterKind.de erhält die Anerkennung der Botschaft von Finnland in Berlin für ihre Arbeit und ihr Engagement für Studierende der ersten Generation in Deutschland.

Die vollständige Liste der ersten Preisträger/innen und weitere Informationen über die Auswahlkriterien sind unter finland.fi/hän/#Han_honours zu finden.

Stärke der finnischen Gesellschaft

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Zweite Dankeskarte aus Finnland.
„Gleichstellung gehört zu den großen Stärken der finnischen Gesellschaft und Kultur“, sagt Laura Kamras vom finnischen Außenministerium. „Finnland ist natürlich keine perfekte Gesellschaft, und die Wahrung sowie Verbesserung der Gleichstellung erfordert kontinuierliche Arbeit. Auch ist keine Sprache je perfekt.“ Trotz „hän“ gebe es auch in der finnischen Sprache immer noch Wörter und Ausdrücke mit geschlechtsspezifischen Bedeutungen. Mit der Gleichstellungskampagne will Finnland auch die gesellschaftliche Gestaltungskraft der Gleichberechtigung unterstreichen.“

Alle Finninnen und Finnen sind eingeladen, sich an der Kampagne zu beteiligen und ihren Freundinnen und Freunden über eine App, die auf der Webseite der Kampagne zur Verfügung steht, zu danken.

Tarja Prüss

Über die Autorin
Tarja Prüss ist Radio- und Fernsehjournalistin und Buchautorin. Sie ist eine Kennerin und Liebhaberin Finnlands, ihr Reisebuch-Bestseller „111 Gründe, Finnland zu lieben“ ist eine Liebeserklärung an das Land ihrer Mutter. Die passionierte Fotografin hat dem schönen Land ein Blog gewidmet: tarjasblog.de.

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