Dänemark als „größter Handlanger der NATO“
Russische Einflussnahme in Dänemark: Moskau finanziert Propaganda-Kanal
Eine russische Einflussoperation in Dänemark sorgt für Aufsehen: Laut geheimen Dokumenten, die dem dänischen Rundfunk DR vorliegen, finanziert der russische Staat mit 200.000 Kronen (etwa 27.000 Euro) gezielt einen auf Dänemark ausgerichteten Telegram-Kanal namens „Velinformeret“ („Gut informiert“). Die treibende Kraft hinter dem Projekt ist die russische Staatsbürgerin Zenia Grynberg – eine frühere Aktivistin der dänischen libertären Partei Liberale Allianz, die heute aus Moskau agiert.

Propaganda unter dem Deckmantel von Nachrichten
„Velinformeret“ präsentiert sich als dänisches Nachrichtenmedium, das angeblich die „ganze Wahrheit“ liefere. In Wirklichkeit verbreitet der Kanal pro-russische Inhalte, darunter Narrative wie „Russlands Selbstverteidigung gegen den Nationalsozialismus“ in der Ukraine oder die Darstellung Dänemarks als „größter Handlanger der NATO“.
Besonders brisant: Der Kanal behauptet, dänische Häfen und Flugplätze seien legitime Ziele für russische Raketenangriffe, schreibt der DR.
Experten wie Flemming Splidsboel vom Dänischen Institut für Internationale Studien (DIIS) sprechen von klassischer Desinformation: ein Mix aus Halbwahrheiten, bewussten Lügen und ideologisch gefärbter Darstellung – gezielt eingesetzt, um Glaubwürdigkeit zu erzeugen.
Jakob Bæk Kristensen, Forscher an der Universität Roskilde, sieht in „Velinformeret“ eindeutig eine russische Einflusskampagne, die nicht primär auf Eigen-PR zielt, sondern auf die Destabilisierung westlicher Demokratien.
Geld aus Russland – trotz EU-Sanktionen
Finanziert wird der Kanal vom russischen Fonds Pravfond, der laut DR enge Verbindungen zu russischen Geheimdiensten unterhält und seit 2023 auf der EU-Sanktionsliste steht. Ein internes Dokument belegt, dass Pravfond im April 2024 einstimmig beschlossen hat, Grynberg mit 200.000 Kronen zu unterstützen – zur Aufrechterhaltung des Betriebs von „Velinformeret“ bis Jahresende.
Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Russland fährt seit Monaten eine aggressive Linie gegenüber Dänemark, was Beobachter wie André Ken Jakobsson von der Universität Süddänemark als bewusste Eskalation werten.
Aus Dänemark nach Moskau – und zurück ins Rampenlicht
Zenia Grynberg ist keine Unbekannte: In den 1990er-Jahren zog sie von Russland nach Dänemark, wo sie politisch aktiv wurde. Heute lebt sie offenbar wieder in Moskau und betreibt von dort aus den Kanal.
Täglich veröffentlicht sie im Schnitt rund 40 Beiträge – mit gezielter Ansprache dänischer Leser. Laut eigenen Aussagen möchte Grynberg ihre Identität geheim halten. In den überlieferten Dokumenten warnt sie, dass dänische Geheimdienste ihren Kanal beobachten würden – und betont, dass sie die Urheber des Kanals nicht preisgeben wolle.
Einfluss auf die öffentliche Meinung als strategisches Ziel
Die russischen Dokumente lassen keinen Zweifel: „Velinformeret“ ist Teil einer breiter angelegten russischen Strategie zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Europa. Ziel sei es, so DIIS-Forscher Splidsboel, politische Debatten in Dänemark – insbesondere zur Ukraine und zur Rolle Russlands – gezielt zu beeinflussen.
Der dänische Inlandsgeheimdienst PET bestätigt, dass Russland staatlich gesteuerte Organisationen für solche Einflussoperationen nutzt. Ziel sei es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Westen zu untergraben und die Solidarität mit der Ukraine zu schwächen.
Weder Pravfond noch Zenia Grynberg selbst haben auf Anfragen von DR reagiert. Auch die Liberale Allianz, mit der Grynberg früher verbunden war, hat sich bislang nicht zu den Enthüllungen geäußert.
Klar ist: Mit „Velinformeret“ steht ein weiterer Fall russischer Propaganda im Fokus, der zeigt, wie gezielt Moskau westliche Demokratien zu destabilisieren versucht.