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„Unglaublich, wie immer mehr Gegenstände zum Vorschein kamen“

Norwegen: Wikingergrab-Fund in Hausgarten entpuppt sich als archäologische Schatztruhe

Vor einigen Tagen hat eine norwegische Familie in ihrem Hausgarten eine sensationelle Entdeckung gemacht: ein etwa 1100 Jahre altes Wikingergrab. Zum Vorschein kam zuerst eine steinerne Grabplatte, dann ein Schwert, woraufhin sich der Herr des Hauses direkt an ein Archäologen-Team wandte.


Bildergalerie 1: Die Neuentdeckungen bei der zweiten Welle von Ausgrabungen…
Foto 1: Vier solcher Fibeln, die in der Wikingerzeit zur Befestigung von Frauenkleidern verwendet wurden. (Emma Norbakk)
Foto 2: Der Schildbuckel: rundes Metallstück in der Mitte des Wikinger-Schildes. (Emma Norbakk)
Foto 3: Es wurden etwa 100 Perlen in verschiedenen Stilen ausgegraben. (Emma Norbakk)
Foto 4: Der Schildbuckel nach seiner Ausgrabung. (Emma Norbakk)
Foto 5: Der Griff einer Wikinger-Bratpfanne? Röntgenstrahlen sollen Antworten liefern. (Emma Norbakk)
Foto 6: Zwei Spinnwirtel zur Herstellung von Garn. (Emma Norbakk)
Foto 7: Eine sehr zufriedene Archäologin. (Emma Norbakk)

Seither haben auf dem Grundstück im südnorwegischen Setesdal, auf dem die Heilands eigentlich einen Anbau an ihr Haus geplant hatten, umfassende Ausgrabungen stattgefunden. Nun steht fest: Die in den ersten Stunden gefundenen Artefakte waren erst der Anfang.

So gibt es inzwischen Anzeichen dafür, dass es sich bei dem Hauptfund um ein Doppelgrab handelt. Zudem konnten die Archäologen auf dem Grundstück jede Menge Schmuck, eine Axt und einen Schild bergen. Auch eine Art Bratpfanne könnte zum Inventar der Wikinger gehört haben.

Eigentlich rechneten die Archäologen bei den Grabungen am Donnerstag und Freitag vergangener Woche nicht damit, noch Verwertbares zu finden. Bis dato hatte man neben dem Grab ja bereits das Schwert, eine Lanze, eine Umhangschnalle und vergoldete Perlen gefunden.

Kurzum: Schon da war es weit mehr, als man in einer archäologisch eher entlegenen Gemeinde wie Setesdal jemals zu träumen gewagt hätte. „Aber wir hatten nicht einmal die Hälfte von dem gefunden, was dort schlummerte“, teilte nun Jo-Simon Frøshaug Stokke vom Kulturhistorischen Museum in Oslo mit.

Die Archäologen fanden am Grab einen kompletten Wikinger-Waffensatz

Da neben Schwert und Lanze noch eine Axt, ein Schild und möglicherweise mehrere Messer geborgen werden konnten, haben es die Archäologen auf einmal mit dem kompletten Waffensatz eines gut betuchten Wikingers zu tun.

„Es war unglaublich, dort zu sitzen, behutsam die Erde abzuschaben und zu sehen, wie immer mehr Gegenstände zum Vorschein kamen“, berichtet Stokke, für den die Entdeckung eines Schildbuckels der „vielleicht größte Fund“ im Garten der Heilands ist.


Bildergalerie 2: Artefakte, die bei der ersten Ausgrabung gefunden wurden…
Foto 1: Das rund 70 Zentimeter lange Wikingerschwert und (darunter) Speer-Teile. (Joakim Wintervoll)
Foto 2: Der Schwertgriff verriet das ungefähre Alter: Ende 9. Jahrhundert. (Joakim Wintervoll)
Foto 3: Rund 3500 Wikinger-Schwerter wurde bis dato in Norwegen entdeckt. (Joakim Wintervoll)
Foto 4: Der etwa 50 x 100 Zentimeter große Grabstein. (Joakim Wintervoll)
Foto 5: Auch vergoldete Perlen zählten zu den im Grab gefundenen Artefakten. (Joakim Wintervoll)
Foto 6: Die Hausbesitzerin (links) bei der Begutachtung des überraschenden Fundes. (Joakim Wintervoll)

Der Schildbuckel ist ein rundes Metallstück, das u.a. in der Wikingerzeit die Mitte eines Schildes bildete. Allerdings ist der hölzerne Rest des kreisrunden Kampfschutzes aufgrund von Vermoderung nicht mehr existent.

Daneben fand sich an die 100 Perlen, die vor Hunderten von Jahren Teil mehrerer Halsketten gewesen sein dürften. Aktuell gehen die Archäologen davon aus, dass sie die Perlen im Zuge weiterer Untersuchungen nicht nur exakt datieren, sondern auch deren Herstellungsort feststellen können.

Und auch mehrere Umhangfibeln konnten wenige Zentimeter unter der Bodenoberfläche geborgen werden. „Wir haben bisher vier davon gefunden, das ist nicht üblich“, wird Stokke von Science Norway zitiert.

Ein Teil des Schmucks scheint wiederum in einem hölzernen Kästchen in das Grab gelegt worden zu sein. „Auch das Schmuckkästen war wahrscheinlich einst reich verziert, aber das Holz hat sich zersetzt. Wir konnten lediglich einen Abdruck davon sehen“, gab es für Stokke auch Enttäuschendes.

Zwar wird man nie mit Sicherheit sagen können, wer genau hier bestattet worden war. Dafür fehlen schlichtweg die Knochen. Dennoch scheint sich abzuzeichnen, dass es sich um ein Doppelbegräbnis gehandelt hat – möglicherweise von Mann und Frau.

Sie könnten entweder gleichzeitig begraben worden sein. Oder aber das Grab wurde wieder geöffnet, als der hinterbliebene Ehepartner später verstarb. Auch dies wird sich sehr wahrscheinlich nie eindeutig klären lassen.

Bildeten die Bewohner vor gut 1100 Jahren eine Art Wikinger-Aristokratie?

„Wir können nicht feststellen, ob das Grab zu einem späteren Zeitpunkt wieder geöffnet wurde“, sagt Stokke. „Wir haben aber die Möglichkeit, den Inhalt des Grabes zu untersuchen und darauf aufbauend Interpretationen vorzunehmen.“

Wikinger Setesdal Norwegen
Die ungefähre Lage des Fundorts im südnorwegischen Setesdal. (Eigene Darstellung / Wikipedia)

Spannend auch: Insgesamt gibt es in der Nähe mindestens zwei weitere Gräber aus der Wikingerzeit, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckt worden sind. „Sie sind fast identisch mit dem, das wir gerade ausgegraben haben, die Unterschiede sind minimal.“

Sie hätten die gleiche Art von Schwert, von Fibeln und Glasperlen beinhaltet. „Es sieht so aus, als ob hier ein identischer Satz von Grabbeigaben niedergelegt wurde“, sagt Stokke, der davon ausgeht, dass Setesdal in der Wikingerzeit ein durchaus betuchter Ort gewesen sein dürfte.

Dazu passt: Einige der größten Eisengewinnungsstätten aus dieser Zeit befanden sich etwas weiter nördlich im Tal. Und es waren die Wikinger, die das Eisen in großen Mengen nach Nordeuropa und England exportierten.

„Diese Exporte waren so umfangreich, dass jemand damit ziemlich reich geworden sein muss. Und diese Funde machen es plausibel, das Geschäft mit der Eisengewinnung mit Setesdal in Verbindung zu bringen“, liegen laut Stokke noch sehr spannende Fragen auf dem Tisch.

„Es ist ein fesselnder Gedanke, sich eine Gruppe von Menschen in diesem Tal vorzustellen, die gemeinsame Identitätsmerkmale hatten. Sie gehörten nicht nur zur Oberschicht, weil sie Schwerter und dergleichen besaßen, sondern bildeten womöglich eine kleine Aristokratie“, schätzt Stokke.

Eine kleine Wikinger-Elite, die sich offensichtlich ähnlich gekleidet und die gleichen Gegenstände mit ins Grab genommen hat. Gut möglich, dass der Grabfund in Setesdal den historischen Blick auf die Region deutlich verändern wird. Archäologe müsste an sein…

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