Minister versucht, Schweden von kurdischen Gruppen zu distanzieren
Türkei macht Druck: Schweden und Finnland müssen vor Nato-Beitritt „Schritte“ unternehmen
Schwedens Außenminister Tobias Lennart Billström hat am Samstag versucht, Stockholm von der kurdischen YPG-Miliz in Syrien zu distanzieren. Dies geschah wenige Tage vor dem Besuch des schwedischen Premierministers in Ankara. Billström hofft, dadurch die Türkei für den möglichen NATO-Beitritt Schwedens günstig zu stimmen.
„Ich denke, es ist wichtig, dass die schwedische Seite sich von dieser Organisation distanziert“, sagte Tobias Billström dem schwedischen Radiosender Sveriges Radio.
Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine gaben Finnland und Schweden eine jahrzehntelange Politik der militärischen Blockfreiheit auf und strebten eine Mitgliedschaft in der Nato an.
Die PKK führt seit vielen Jahren einen Aufstand gegen den türkischen Staat, der bereits Zehntausende von Menschenleben gefordert hat. Sie wird von Ankara und den meisten seiner westlichen Verbündeten als terroristische Organisation eingestuft. Der syrische Ableger der Gruppe, die Volksverteidigungseinheiten (YPG), ist jedoch ein wichtiger Akteur in der von den USA geführten internationalen Allianz gegen die Gruppe Islamischer Staat in Syrien.
Während Schweden in der Vergangenheit seine Unterstützung für die YPG und ihren politischen Arm, die Partei der Demokratischen Union (PYD), zum Ausdruck gebracht hat, scheint die neue konservative Regierung Schwedens unter Beteiligung der rechtsradikalen Neonazi-Partei, den Schwedendemokraten, diese Haltung zu ändern.
„Es besteht eine zu enge Verbindung zwischen diesen Organisationen und der PKK, die von der EU als terroristische Organisation eingestuft wird“, argumentiert Billström.
Für diese Politikänderung wird der Außenminister im eigenen Land stark kritisiert.
„Es ist äußerst bemerkenswert, warum sie sich zu einer solchen Änderung ihrer Haltung entschlossen haben. Dies geschah auf Druck der Türkei und von Präsident Erdogan“, sagt Märta Stenevi, Sprecherin der Grünen Partei gegnüber Sveriges Radio.
Shayar Ali, Vertreter der PYD in Schweden, nannte die Lage „sehr ernst“.
Die Türkei macht Druck
Die Türkei wird den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens erst dann formell genehmigen, wenn die beiden Länder die notwendigen „Schritte“ unternehmen, erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Freitag gegenüber dem Chef dem NATO-Generalsekretär, Jens Stoltenberg.
Ankara hat die beiden nordeuropäischen Länder beschuldigt, verbotenen kurdischen Kämpfern, die es als „Terroristen“ betrachtet, einen sicheren Zufluchtsort zu bieten. Erdogan blockiert die Ratifizierung der NATO-Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens trotz einer bereits bestehenden Vereinbarung, die im Juni getroffen wurde.
„Präsident Erdogan wies darauf hin, dass die von Schweden und Finnland zu unternehmenden Schritte ausschlaggebend dafür sein werden, wie schnell das Genehmigungsverfahren abläuft und wann es abgeschlossen sein wird“, so die türkische Präsidentschaft.
Offenbar möchte der neue konservative Premierminister Schwedens, Ulf Kristersson, der Türkei entgegenkommen. Ein schwieriger Balance-Akt.
Zusammen mit den USA und mehreren anderen NATO-Ländern ist Schweden ein langjähriger Verbündeter der YPG im Kampf gegen die Terrororganisation IS in Syrien.
„In diesem Rahmen gab es in einer Reihe von Ländern verschiedene Arten von Unterstützungsmaßnahmen. Auch in Schweden gab es verschiedene Arten von humanitären Programmen“, sagt Michael Sahlin, Schwedens ehemaliger Botschafter in der Türkei gegenüber SVT.
Die Tatsache, dass sich Schweden nun von der kurdischen Miliz distanziert, sei ein „heikles Thema“, sagt er.
„Es handelt sich um eine heikle Frage in Bezug auf die Stellung des IS gegenüber der YPG im ungelösten Machtkampf in Nordsyrien.“
Nach den neuen Tönen aus Schweden ist es möglich, dass die Türkei Schweden zu Weihnachten eine NATO-Mitgliedschaft schenkt. Doch die Frage bleibt, welche anderen Partner, außer der YPG selbst, Kristersson durch die Verbeugung vor Erdogan vor den Kopf stößt und damit aandere Probleme seinem Land bereitet.