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Erfolgsstrategie Sozialer Wohnungsbau

Obdachlosigkeit steigt überall, außer in Finnland und Norwegen

Die Obdachlosigkeit in der EU nimmt von Jahr zu Jahr zu. Finnland ist das einzige Land der Europäischen Union, das die Zahl der Obdachlosen drastisch verringern konnte.

Obdachlosigkeit EU Finnland
Finnland, das einzige Land der Europäischen Union, das die Obdachlosigkeit effektiv bekämpft. (Grafik FEANTSA)

Dem aktuellen Bericht von FEANTSA, Third Overview of Housing Exclusion 2018, zur Folge, haben in ganz Europa lediglich Finnland und Norwegen es geschafft, die Obdachlosigkeit erfolgreich zu bekämpfen.

Vor 30 Jahren gab es 18.000 Menschen ohne Obdach in Finnland, heute sind es nur noch 6.500. Der Bericht spricht davon, dass zwischen 2009-2016 die Zahl der Obdachlosen in Finnland um 18 Prozent zurückging. Zwischen 2013-2016 fiel die Zahl um 10 Prozent.

In England stieg die Zahl der Menschen ohne Obdach im Zeitraum 2009-2016 um 150 Prozent, so die Erhebung von FEANTSA.

Allein in Brüssel wurden in einer Novembernacht 2016 3.300 Obdachlose gezählt, verglichen mit einer Zählung im Jahr 2008, eine Steigerung um 96 Prozent.

In Deutschland stieg die Zahl der Obdachlosen 2014-2016 um 150 Prozent. Der steile Anstieg kann auf die erstmalige Einbeziehung von Flüchtlingen in die Schätzung erklärt werden. Ohne Einbeziehung von Flüchtlingen stieg die Zahl wohnungs- und obdachloser Menschen zwischen 2014 und 2016 um 25 Prozent.

In Österreich stieg die Zahl der registrierten Obdachlosen zwischen 2008-2016 um 32 Prozent. In Dänemark stieg sie zwischen 2012 und 2017 um 8 Prozent. In Litauen 2015-2016 um 16,2 Prozent.

Was hat Finnland, das wir nicht haben?

Seit 20 Jahren verschreibt sich Finnland der Obdachlosigkeitsbekämpfung, seit 10 Jahren verfolgt das nordeuropäische Land eine ganzheitliche Startegie. 2008 ist ein politisches Programm (PAAVO I und II) eingeführt und bis 2015 erfolgreich umgesetzt worden. Das Programm folgt dem Prinzip „Wohnungen zuerst“ und wurde auf 11 Städte und Gemeinden mit den meisten Obdachlosen angewandt.

Konkret gehören zur Umsetzung des PAAVO-Programms: Bau neuer Wohnungen, Umwandlung von Notwohnungen in unabhängige Appartments, sowie Betreuung und Begleitung von Obdachlosen auf dem Weg zur eigenen Wohnung. Zwischen 2008-2015 fiel die Zahl der Obdachlosen um 35 Prozent. Damit ist Finnland das einzige EU-Land, das die Wohnungslosigkeit effektiv reduziert hat.

Gründend auf dem Erfolg von PAAVO, beschloss Finnland 2016 einen „Aktionsplan zur Vorsorge von Obdachlosigkeit“. Kernaufgabe des Aktionsplans ist die proaktive Früherkennung von sozialer Exklusion und die Einleitung von Gegenmaßnahmen mit Hilfe von Sozialarbeitern. Zehn Städte und Gemeinden, wo das Risiko der Obdachlosigkeit besonders hoch ist, haben sich verpflichtet, Strukturen zur Umsetzung von Präventivmaßnahmen zu erarbeiten, koordiniert von ARA (eine Agentur des Umweltministeriums, das auch für den Sozialwohnungsbau verantwortlich ist).

Juha Kaakinen, Geschäftsführer der Sozialwohnungsbaugesellschaft Y-Foundation, zeigte sich im Interview mit den Yle Nachrichten sehr stolz auf das Erreichte.

„Wenn man als Besucher durch Helsinki läuft, fällt einem auf, dass man keine Obdachlosen sieht, die in Großstädten, zum Beispiel Großbritanniens und Irlands, zum Stadtbild dazugehören.“, sagt Kaakinen gegenüber Yle.

Die Ursache für die anderenorts in Europa grassierende Obdachlosigkeit sieht Kaakinen darin, dass viele Länder es versäumt hätten, frühzeitig in bezahlbaren Wohnraum zu investieren.

Situation in Norwegen

Auch in Norwegen war man erfolgreich mit der Bekämpfung der Obdachlosigkeit. Dank eines neuen Ansatzes.

Ähnlich wie in Finnland sieht man in Norwegen das Problem darin, dass der Wohnraum fehlt. – Es klingt trivial, in vielen Ländern Europas fehlt jedoch der politische Wille, den Wohnraummangel als Lösungsansatz anzuerkennen.

In Deutschland gilt die Devise: zuerst die Arbeit finden, dann die Wohnung. Zudem betrachtet man die Obdachlosigkeit vielerorts als ein unvermeidliches soziales Übel, das auf persönlichen Problemen von Menschen beruhe.

Der pragmatische Ansatz in Norwegen führte dazu, dass die Zahl der Obdachlosen im Zeitraum zwischen 2012-2016 um 36 Prozent zurückging. Heute gibt es in diesem Land 3.909 Obdachlose, die niedrigste Zahl seit Beginn der Aufzeichnung 1996.

ap

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