„Wir sind ein Haufen von Amateuren“
England: Verlorener Tudor-Palast von Freizeit-Archäologen in Privatgarten entdeckt – endlich
Ganze fünf Jahre hat eine Gruppe von Amateur-Archäologen mit einfachsten Mitteln daran gearbeitet, in dem Dorf Collyweston in der englischen Grafschaft Northamptonshire die vergrabenen Überreste eines einst sehr bedeutsamen Tudor-Palastes zu finden.
Bilder 1 bis 5: Collyweston Historical and Preservation Society
„Viele von uns sind in dem Dorf aufgewachsen. Immerzu hörte man diesem verlorenen Palast und fragte sich, ob er ein Mythos ist – oder real. Also wollten wir ihn einfach finden“, teilte diese Woche Chris Close mit. Er ist Vorsitzender der Collyweston Historical and Preservation Society (CHAPS).
Schon in den 1980er und 1990er Jahren waren verschiedene Versuche unternommen worden, Collyweston Palace zu finden. Jenen Palast, der einst Wohnsitz von Lady Margaret Beaufort (1443 bis 1509) war, der Mutter von König Heinrich VII. (1457 bis 1509).
Doch ohne moderne Technologie waren die Versuche nicht von Erfolg gekrönt. Und auch zuletzt standen die Chancen nach Ansicht von Chris Close nicht gut. Umso bemerkenswerter ist der Erfolg, der allerdings nur ein Zwischenschritt sein dürfte.
Der Palast war im 15. Jahrhundert eine prominente Anlaufstelle des Hochadels
„Wir sind ein Haufen von Amateuren. Wir hatten kein Geld, kein Fachwissen, keine Pläne. Wir hatten im Grunde nichts, was von dem Palast übriggeblieben ist. Es waren Naivität und harte Arbeit, die uns zu diesem Ergebnis geführt haben“, berichtet Chris Close.
Gefunden hat die Archäologen-Gruppe den Palast letztlich in einem Hintergarten auf Privatgrundstück in der Ortschaft. Zuvor öffneten geophysikalische Untersuchungen und der Einsatz von Bodenradar den Suchenden die Tür. Endlich.
Der Palast war im 15. Jahrhundert eine prominente Anlaufstelle des Hochadels. Beispielsweise fand hier die Hochzeitsfeier von Margaret Tudor und Jakob IV. von Schottland im Jahr 1503 statt. Auch Heinrich VIII. hielt hier Hof, am 16. und 17. Oktober 1541 war das.
“Haben Projekt im Wert von 80.000 bis 90.000 Pfund für etwa 13.000 Pfund durchgeführt“
Mitte des 17. Jahrhunderts muss der Palast dann aber baufällig und letztlich komplett abgerissen worden sein, sodass bis zuletzt noch nicht einmal Mauerreste daran erinnerten. Als Basis für die Suche der CHAPS gab es demnach nichts außer viel Fläche mit Potenzial.
Nun, da der entscheidende Schritt geglückt ist, helfen Historiker der Universität York der Organisation bei der Überprüfung der Ergebnisse, der Identifizierung von Fundstücken und der Vorbereitung für weitere Ausgrabungen, mit denen das komplette Ausmaß des Palastes erfasst werden soll.
„Bis jetzt haben wir ein Projekt im Wert von 80.000 bis 90.000 Pfund für etwa 13.000 Pfund durchgeführt. Dass wir als kleiner Verein dies ohne Geld, Fachwissen oder Pläne geschafft haben, ist etwas, worauf wir alle stolz sein können“, sagte Chris Close dem Guardian.
Hintergrund: Das CHAPS-Team besteht aus mehr als 80 Mitgliedern aus allen Altersgruppen. Im März 2018 fasste die Organisation den Plan, den Palast zu finden und nutzte dafür anfänglich örtliche Überlieferungen und Hörensagen, um das Suchgebiet einzugrenzen.
Nach deutlichen Hinweisen durch geophysikalische Untersuchungen und Bodenradar mussten offenbar noch die Hausbesitzer überzeugt werden, grünes Licht für die Ausgabungen im privaten Garten zu geben.
Die Collyweston Historical and Preservation Society ist bereits im März 2023 auf erste Überreste des Palastes gestoßen. Diese mussten anschließend von der University of York verifiziert werden, sodass der Erfolg schließlich im November offiziell verkündet werden konnte.