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Steinzeitlicher Pfeil, Pferdezaum aus der Wikinger-Ära

Norwegen: Klimawandel und Gletscherschmelze legen immer mehr archäologische Schätze frei

Ein offensichtlich positiver Nebeneffekt des Klimawandels ist, dass die mancherorts galoppierende Eis- bzw. Gletscherschmelze immer mehr archäologische Schätze freilegt. Bestes Beispiel hierfür ist das Jotunheimen-Gebirge in Norwegen, wo gerade die Forschergruppe „Secrets of the Ice“ aktiv ist.

Alle Bilder: Secrets of the Ice
1: Der frisch gefundene Pfeil aus der letzten Epoche der Steinzeit – rund 4000 Jahre alt.
2: Erst nach der Reinigung des Schaftes wurde das hohe Alter des Pfeiles erkannt.
3: Das ebenfalls vor wenigen Tagen gefundene Zaumzeug – wohl aus der Wikingerzeit.
4: Der Fundort war in einer kleinen Felsspalte an der Südseite des Lendbreen-Passes.

Und zwar mit durchschlagendem Erfolg, wie die jüngsten Nachrichten der Archäologen zeigen. Erstmals seit 2017 wird hier wieder nach kulturhistorischen Schätzen gegraben, weil sich das Eis seither weiter merklich zurückgezogen hat. Weg frei für neue Entdeckungen.

Zwei sehr interessante Artefakte, die in den letzten Tagen gefunden wurden, sind ein etwa 4000 Jahre alter Pfeil und ein Pferdezaum aus der Wikingerzeit. Beide Funde stehen stellvertretend dafür, wie lange und intensiv die Menschen in dem fast 2500 Meter hohen Gebirge schon präsent sind.

Vor allem die Jagd war ein Anziehungspunkt. Konkret: Die Jagd auf Rentiere, bei der der steinzeitliche Pfeil verschossen wurde oder einfach verloren ging. Was damals womöglich als Fehlschuss endete, ist für Dr. Lars Holger Pilø von Secrets oft the Ice heute ein „Volltreffer für die Archäologie“.

Altersmäßig überragt der Pfeil vergleichbare Entdeckungen aus der Region turmhoch

Gefunden wurde das Jagdwerkzeug Ende August an einem Hang des Berges Lauvhøe, der in früheren Zeiten turmhoch mit Schnee bedeckt war. Höchst spannend ist der Fund deshalb, weil er vergleichbare Entdeckungen aus der Region altersmäßig komplett überragt.

Archäologie Norwegen Klimawandel 6
Die Gletscherarchäologen des Programms Secrets of the Ice erleben die Auswirkungen des Klimawandels hautnah mit. (Darstellung: Secrets of the Ice)

Bislang stammten die ältesten im Jotunheimen-Gebirge gefundenen Pfeile aus der Eisenzeit bis hin ins Mittelalter – etwa 1700 bis 500 Jahre vor unserer Zeit. Insgesamt 66 solcher Jagd-Artefakte konnten die Forscher bei ihren bisherigen Aktionen bergen.

„Aber dieser neue Fund verleiht der Stätte eine viel größere zeitliche Tiefe“, teilte Pilø diese Woche in einem Pressestatement mit. „Erst nach der sorgfältigen Reinigung des Pfeiles wurde uns sein nicht für möglich gehaltenes Alter bewusst“, wird der Forscher im Magazin Insider zitiert.

Laut Pilø dürfte der Pfeil im Eis gelandet sein, als sich die steinzeitlichen Jäger womöglich an einem warmen Tag auf die Lauer legten. Dann nämlich sollen die Bedingungen besonders günstig gewesen sein, da sich Rentiere zum Schutz vor „feindlichen“ Insekten in die Nähe von Schnee und Eis begaben.

„Die alten Jäger trieben die Rentiere wahrscheinlich auf die Eisfläche“

„Die alten Jäger wussten das und trieben die Rentiere wahrscheinlich auf die Eisfläche“, schildert Pilø die Taktik. Ob in dieses Jagdschema auch das wikingerzeitliche Zaumzeug passt, das die Forscher von Secrets of the Ice Anfang September fanden, scheint noch offen.

Jotunheimen Gebirge
Die ungefähre Lage des Jotunheimen-Gebirges. (Eigene Darstellung / NordNordWest / CC BY-SA 3.0 DE)

Fest steht aber, dass das Artefakt aus Eisen und sogar einigen erhaltenen Lederriemen ebenfalls in die Kategorie „spannende Entdeckung“ passt. Gefunden wurde das Zaumzeug in einer Felsspalte auf der Südseite des Lendbreen-Passes, wobei nun eine Analyse das genaue Alter bestimmen soll.

„Bis zu diesem Jahr haben wir hauptsächlich auf der Nordseite des Passes gearbeitet, denn auf der Südseite gab und gibt es nicht so viel Eis“, teilte das Team zu der Überraschung mit. Dieses Mal habe man es aber in einer ehemals mit Schnee gefüllte Mulde versucht.

„Wir dachten, dass die Mulde in früheren Jahrhunderten zum bequemen Gehen abseits von Fels und Geröll genutzt worden sein könnte. Seit diesem Jahr ist der Schnee in der Rinne komplett zurückgeschmolzen – und bingo!“, heißt es in der Meldung weiter.

Unser Geographie-Quiz: Norwegen und seine Landschaft

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