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Echt, jetzt?

Briten entsenden Marine, um Fischereistreit mit Frankreich zu „überwachen“

Wenn der Autor dieses Artikels nicht alles falsch verstanden hat, war der Brexit (so ärgerlich er aus vielerlei Gründen auch sein mag) doch zumindest darauf ausgelegt, die Dinge zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich endlich einmal klar zu regeln.

jersey
Die britische Ferieninsel Jersey konnte früher auch ganz schön wehrhaft sein.
(Foto: Tamara Hornby)
Also grob gesprochen so, dass die einen – die Briten – nicht mehr andauernd auf Brüssel und die anderen – die EU – nicht mehr die ganze Zeit auf die Sonderlinge von der Insel schimpfen bräuchten. Denn A bremst nicht mehr B, und B bremst nicht mehr A. Jeder seines Glückes Schmied.

Um genau an diesen Punkt zu kommen, wurden nach quälend langem Hin und Her Verträge unterzeichnet. Der Brexit ist nun da, jeder macht sein Ding. Und wo wirtschaftliche Kooperationen möglich sind, da setzt man sich halt zusammen und einigt sich. Natürlich wieder nach langem Hin und Her, nach Streit und Taktieren, aber okay, man einigt sich.

Zu diesem Minimalziel will so gar nicht passen, dass seit ein paar Stunden zwei britische Marineschiffe vor den Toren der Kanalinsel Jersey patrouillieren, um in einem zwischen Paris und London entbrannten Fischereistreit (!) die Muskeln spielen zu lassen.

Dazu muss man wissen, dass sich laut BBC französische Fischer mit rund 60 Booten am Haupthafen der Insel vor St. Helier versammelt haben. Sie taten das, um gegen ihrer Meinung nach „ungerechtfertigte“ Einschränkungen zu protestieren, die seit gut einer Woche in den Gewässern um Jersey gelten.

Komplizierter Sachverhalt, keine Frage. Aber Marineschiffe zur Schlichtung, im Ernst? Das Ganze sei lediglich eine Überwachungsmission, heißt es recht diplomatisch aus London, alles nur zur Vorsicht. Aber hey, es sind Kriegsschiffe, die da kreuzen. Oder anders gefragt: Was würde auffahren, wenn dies ein Konflikt zu Lande wäre? Panzer?

Wahrheit Teil 2 ist aber auch, dass sich in dieser Angelegenheit die französische Seite ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert. Überhaupt nicht. Dazu muss man wissen, dass das unter britischer Obhut stehende Jersey geografisch sehr nah an Frankreich liegt. Näher als an England, weshalb die Insel ihren Strom von der französischen Seite aus bezieht.

Was also macht Frankreich? Es droht tatsächlich England, Jersey im Fall der Fälle kurzerhand den Strom abzudrehen. Man sei schließlich von Jersey und London aus nicht angemessen informiert worden über die neuen Regelungen, das mache sie aus EU-Sicht „null und nichtig“.

Auf die wahrlich dusselige Drohung mit dem Stromboykott angesprochen, teilte Stephanie Yon-Courtin, französische Europaabgeordnete und Mitglied im EU-Fischereiausschuss, gegenüber BBC-Radio mit, das Ganze seien natürlich „nur Worte“.

Man sei von den neuen Fischereiregeln schlichtweg „überrascht“ worden und zähle „auf den guten Willen von Jersey und der britischen Regierung“, um die entstandene Situation zu deeskalieren.

Ansonsten, so Yon-Courtin, werde man aber „alle Maßnahmen prüfen, die es brauche“. Genau genommen hat sie sogar das Wort Vergeltungsmaßnahmen in den Mund genommen, weshalb man am Ende fast froh sein muss, dass sie noch sagte, nicht auf einen Krieg aus zu sein („We are not ready for war!“). Hoffentlich sehen Boris Johnson in 10 Downing Street und seine beiden Marine-Kapitäne das genauso.

Jersey ist übrigens eine wunderbare Insel, deren überwiegend nicht fischende Bevölkerung ein bisschen Frieden und Strom mehr als verdient hat. Weiß der Autor dieses Artikels aus eigener Vor-Brexit-Erfahrung.

QUIZ

sh

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