Studie zeigt: Norweger stachen durch extreme Gewalt hervor
Alte Knochen, neue Erkenntnisse: Manche Wikinger waren viel brutaler als andere
Eine Analyse von Wikingerskeletten aus Norwegen enthüllt auffällige Muster der Gewalt – und stellt das Bild vom „typischen Wikinger“ infrage.
Forscherinnen und Forscher um die Osteologin Lisa Strand von der NTNU (Norwegische Technisch-Naturwissenschaftliche Universität) analysierten menschliche Überreste aus verschiedenen Regionen Norwegens, darunter auch aus dem hohen Norden und der Umgebung des Oslofjords. Das Ergebnis: Fast 40 Prozent der untersuchten Skelette zeigen Spuren gewaltsamer Todesursachen – von zertrümmerten Schädeln bis zu Pfeilen, die noch in den Knochen steckten.
„Die Gewalt war systematisch – nicht zufällig“, sagt Strand im Podcast „63 Degrees North“.
Hinrichtungen vs. Schlachtentod: Ein Blick nach Dänemark
„Man nimmt sich in einer Schlacht nicht die Zeit, jemanden zu enthaupten“, erklärt Strand. „Das spricht für organisierte Machtausübung – es gab Anführer, die Hinrichtungen anordneten.“
Diese Beobachtung stützt eine zentrale These der Forschenden: Während Dänemark offenbar über zentralisierte Strukturen mit Autoritäten verfügte, war Norwegen eher von dezentralen, konfliktreicheren Verhältnissen geprägt.
„Die Tatsache, dass wir in Dänemark überwiegend Hinrichtungen sehen, deutet auf eine stärker zentralisierte Autorität hin“, sagte David Jacobson, Soziologe an der University of South Florida und Mitglied des Forschungsteams.
Waffen im Grab: Norwegen übertrifft Dänemark um ein Vielfaches
Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt: Grabbeigaben. Während in norwegischen Gräbern Waffen fast schon zum Standard gehören, sind sie in dänischen Gräbern die Ausnahme. Der Archäologe Jan Bill spricht von einem Verhältnis von bis zu 50:1.
Ein Grund dafür könnte im besseren Zugang zu Eisen in Norwegen liegen – doch das allein erklärt nicht die Zahl.
„Das Wikingerschwert war die Handfeuerwaffe der damaligen Zeit“, sagt Bill. „Ein Werkzeug zur Tötung – oder zur Drohung.“
Je mehr Schwerter, desto mehr potenzielle Gewalt. Die Forschenden sehen in der Waffendichte ein klares Indiz für eine stärker militarisierte Gesellschaft.
Was Knochen über Gesellschaft verraten
Die Studie liefert mehr als nur Hinweise auf individuelle Schicksale. Sie eröffnet neue Perspektiven auf Machtverhältnisse, soziale Organisation und Rechtssysteme innerhalb der Wikingerzeit.
War Gewalt eine Frage des Systems – oder des Zugangs zu Waffen? Welche Rolle spielten Herrschaft und Strafvollzug? Und wie unterschieden sich Gesellschaften, die nur wenige hundert Kilometer voneinander entfernt lagen?
Die Antworten darauf zeigen: Wikinger waren keine homogene Masse von Kriegern. Die Unterschiede zwischen norwegischen und dänischen Wikingergesellschaften waren gravierend – die aktuelle Studie könnte das Bild der Nordmänner in der Geschichte nachhaltig verändern.
Quelle: norwegianscitechnews.com