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Sonderweg vor dem Aus?

Corona: Schweden hat ein schnell wachsendes Problem

In diesen Tagen verzeichnet Schweden einen sprunghaften Anstieg an Corona-Neuinfektionen und Krankenhauseinweisungen. Die zweite Welle, die in dem Land so eigentlich nie hätte kommen sollen, scheint nun also da zu sein – womöglich mit voller Wucht.

Heiliger Georg Drache Stockholm
Kann Schweden den Drachen besiegen? Heiliger Georg und der Drache am Köpmantorget in der Altstadt von Stockholm. (Foto: Hasse Lundqvist)
Premierminister Stefan Löfven höchstselbst war es, der den liberalen Corona-Kurs Schwedens im Frühjahr und in den Sommermonaten politisch vertreten hat.

Keine Lockdowns wie in anderen Ländern lautete die Devise. Stattdessen setzte Schweden auf viel Eigenverantwortung, gepaart mit ein paar Richtlinien fürs Abstandhalten und natürlich Handhygiene.

Viel mehr war es im Prinzip nicht, was im europäischen Ausland mal für Abscheu, mal für Respekt und Bewunderung gesorgt hat. Kurzum: Der schwedische Sonderweg, er war und ist zum Gelingen verdammt.

Nach Gelingen hörte sich Mitte der Woche allerdings gar nichts mehr an, als Löfven verkündete, sämtliche Indikatoren würden derzeit „in die falsche Richtung gehen“.

Die Infektion breite sich im Eiltempo aus, so Löfven, und auch die Zahl der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Patienten habe sich binnen einer Woche fast verdoppelt. Von etwa 630 auf über 1.000 Patienten. Laut einem Bericht des Guardian war es möglicherweise der schnellste wöchentliche Anstieg in Europa.

Umso dringender fiel der Appell des Regierungschefs aus: „Schweden riskiert derzeit mehr Menschen, die krank werden. Mehr Menschen, die versterben werden. Mehr Überlastung im Gesundheitswesen. Mehr Verschiebungen teils lebenswichtiger Operationen.“

Daher sei es überlebenswichtig, so Löfven, dass alle Bürgerinnen und Bürger die seit Monaten gebetsmühlenhaft wiederholten Empfehlungen befolgen – Abstand, Hygiene, soziale Distanzierung. „Jede Entscheidung, die wir treffen, ist wichtig.“

Zustimmung zum Ernst der Lage erhält der Politiker aus medizinischer Perspektive. „Wir müssen in den kommenden Wochen auf den Intensivstationen mit erheblich mehr Menschen rechnen“, teilte dieser Tage etwa Björn Eriksson mit. Er ist Direktor des Gesundheits- und medizinischen Versorgungsdienstes in Stockholm.

Als politische Reaktion auf die rasche Corona-Ausbreitung hat die schwedische Regierung nun angekündigt, vom 20. November 2020 bis Ende Februar 2021 den Verkauf von Alkohol in Bars, Restaurants und Nachtclubs nach 22.00 Uhr verbieten zu wollen.

Zudem mehren sich die regionalen Einschränkungen. Stockholm etwa setzt auf ein Besuchsverbot in Pflegeheimen. Auch Göteborg hat angekündigt, diesem Beispiel folgen zu wollen.

Und doch: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen derzeit strikte Sperrungen für Geschäfte, Bars, Restaurants und Fitnessstudios gelten, hat Schweden bis zuletzt daran festgehalten, diese Einrichtungen nicht zu schließen.

Auch wurde das Tragen von Gesichtsmaske und Mund-Nasen-Schutz bislang (außerhalb der Krankenhäuser) noch nicht offiziell empfohlen. Ob es so bleiben kann, wird sich wohl recht bald entscheiden.

sh

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