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Interessantes Interview mit Litauens Verteidigungsminister

„Russland wird in der Ukraine im nächsten März die Luft ausgehen“

Bei LRT.lt ist heute ein sehr interessantes Interview mit dem litauischen Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas veröffentlicht worden. Es folgen Auszüge, die zeigen, wie die litauische Regierung auf Putin, den Krieg in der Ukraine und die eigene Bedrohungslage blickt. Und auf Deutschland.

Arvydas Anusauskas
Litauens Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas (l.) im Gespräch mit seiner niederländischen Amtskollegin Kajsa Ollongren bei einem Treffen im Juni. (Foto: NATO / CC BY-NC-ND 2.0)
Herr Minister, wie lange hat Russland die Kraft und die Kapazität, den Krieg gegen die Ukraine fortzusetzen?

Jeder Krieg erfordert eine Menge Ressourcen. Und wenn jemand glaubt, dass die Ukraine und der Westen ein Ressourcenproblem haben, dann muss er verstehen, dass auch Russland vor diesem Problem steht. Ich spreche von menschlichen und anderen Ressourcen.

Es gibt Anzeichen dafür, dass Russland bereits jede einzelne rostige Schraube in seinen Lagern aufgebraucht hat. Nun wird alles aus Weißrussland beschafft, was möglich ist. Weißrussland ist sozusagen das militärische Reservelager Moskaus.

Woher kommen diese Probleme?

Ich denke, das hat viel mit den Hightech-Waffen zu tun, die die Ukraine vom Westen erhalten hat. Und die jetzt so erfolgreich (gegen Munitionsdepots, Anm. der Redaktion) eingesetzt werden. Der Kreml ist zwar in der Lage, den Konflikt in die Länge zu ziehen. Aber bis nächsten März wird Russland die Luft ausgehen.

Warum dieses Datum?

Offensichtlich verfügt Russland über das militärische Potenzial für rund 12 Monate. Das heißt aber nicht, dass im März nächsten Jahres alles vorbei sein wird, denn der Krieg könnte mit einem Waffenstillstand oder einem Einfrieren enden.

Glauben Sie, dass Russland als Reaktion auf den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands Vergeltungsmaßnahmen ergreifen kann?

Russland hat derzeit keine Möglichkeiten dazu. Vielleicht wird es in fünf bis zehn Jahren die Fähigkeit entwickeln zu reagieren. Jetzt aber hat es die Möglichkeiten nicht.

Russland sieht, dass sich seine strategische Position in der Ostsee dramatisch verändert hat. Die Sicherheitslage in der Region hat sich mit dem Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO sicherlich verbessert.

Gibt es in Bezug auf die Stationierung der neuen NATO-Brigade in Litauen eine Agenda oder einen Aktionsplan mit Deutschland?

Wir sollten nicht vergessen, dass erst vor gut einem Monat eine Entscheidung darüber getroffen wurde. Deutschland hat auf diese Entscheidung gewartet. Die Stimme der NATO war Berlin wichtig, und das ist völlig verständlich.

Es ist klar, dass unsere Planungen nun mit dem, was Deutschland tut, übereinstimmen müssen. Im Herbst wird hier ein vorgeschobenes Hauptquartier eingerichtet, und wir werden die Kaserne in Rukla dem vorgeschobenen Bataillon zur Verfügung stellen.

Wann genau könnte das gesamte Bataillon der NATO-Verbündeten in Litauen stationiert werden?

Die Infrastruktur in Litauen könnte bis Mitte 2025 fertig sein, aber ich kann nicht für die Deutschen sprechen. Die Deutschen haben bereits eine spezielle Brigade bereitgestellt, die derzeit in Deutschland ausgebildet wird. Ein Teil von ihr wird dann später in Litauen ausgebildet.

Haben auch Sie die Bereitschaft Deutschlands in Frage gestellt, im Zuge der Kaliningrad-Transitgeschichte einen Beitrag zur Stärkung der Ostflanke der NATO zu leisten?

Einige Experten sehen in dieser Geschichte eine mögliche deutsche Einflussnahme auf die Europäische Kommission, die ihre Leitlinien für den Transit von sanktionierten Gütern nach Kaliningrad angepasst hat.

Ich kann nicht sagen, dass es diese Zweifel in der Gesellschaft, insbesondere in unserer Gesellschaft, nicht gibt. Aber wir sollten uns daran erinnern, dass es anfangs große Zweifel an der Unterstützung (Berlins, Anm. der Redaktion) für die Ukraine gab.

Die Realität bringt aber viele Anpassungen mit sich. Und die Länder machen diese Veränderungen durch. Wir waren die dritten, die der Ukraine militärische Hilfe geschickt haben – nach den USA und dem Vereinigten Königreich. Und jetzt unterstützen de facto alle NATO-Länder die Ukraine militärisch. Das ist ein großer Schritt.

Wie blicken Sie auf die deutschen Waffenlieferungen?

Nur wenige Menschen können sich vorstellen, dass Deutschlands Panzerarmee seit dem Kalten Krieg erheblich geschrumpft ist. Wenn gesagt wird, dass die Ukraine heute 500 Panzerhaubitzen braucht, wissen wahrscheinlich nur wenige, dass Deutschland gerade einmal 80 davon besitzt.

Diese Erwartungen, ohne die wahren Fähigkeiten zu kennen, haben begonnen, das Vertrauen in Deutschland zu untergraben. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir Mitglieder der NATO sind. […] Mit anderen Worten: Die Fähigkeiten eines einzelnen Landes bestimmen nicht unsere Verteidigungsposition.

Das komplette Interview gibt es auf Englisch bei LRT.lt unter diesem Link.

Unser QUIZ zum Thema LITAUEN

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