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Klimawandel vs. Mittelsteinzeit

Irland: Archäologen warnen vor „Untergang“ historischer Stätten in Meeresnähe

Rund um die Stadt Galway im Westen Irlands fordern Archäologen vehement Maßnahmen zum Schutz mittelsteinzeitlicher Stätten, die aufgrund ihrer Nähe zur See vom Klimawandel bedroht sind. Der steigende Meeresspiegel hinterlässt hier bereits sichtbare Spuren.

Fotos: YouTube / RTE

„Umfassende küstenarchäologische Verbesserungen für die Region Connacht, aber auch Ulster im Norden wären ein großer Gewinn. Denn durch die Lage direkt an der Atlantikküste sind die Flutschäden hier schon jetzt gewaltig“, schildert Michael Gibbons die Ausgangslage.

Er ist einer der führenden Feldarchäologen Irlands und Mitglied des Institute of Archaeologists of Ireland. Also jemand, der qua Amt und Reputation ganz genau weiß, wovon er spricht. „Wir können die Schäden schon zu unseren Lebzeiten sehen“, sagt er.

Sehr prominentes Beispiel für die Problemzonen am Atlantik ist ein Hügel, dessen historische Bedeutung erst vor kurzem so richtig bekannt wurde. Die unter dem Namen An Toit Chonáin geführte Stätte ist sozusagen ein grasbewachsener Muschelberg, eigentlich unspektakulär.

Allerdings haben Archäologen um Gibbons herausgefunden, dass hier – entlang der Küstenlinie von Cois Fharraige – vor rund 8.000 Jahren die älteste mittelsteinzeitliche Ansiedlung im Westen Irlands gewesen sein muss.

Es handelt sich um eine von mehreren Stätten in diesem Gebiet, die Gibbons und sein Team zuletzt untersucht und kartiert haben. Dabei ergaben Proben von erodierten Muscheln, dass das Datum der Stätte etwas ganz Besonderes darstellt.

„Dieser Muschelhügel wurde auf ca. 6.550 vor Christus datiert“, sagt Gibbons. Ein Ort, der für die frühesten lokalen Siedler, eine Gruppe von Jägern und Sammlern, von Bedeutung gewesen sein muss. Und der später Einzug in die irische Sagenwelt erhielt.

Warum ist das so? Den Schilderungen zufolge steht „Toit“ als Bestandteil des oben genannten Begriffs „An Toit Chonáin“ für eine üppige Mahlzeit aus Schalentieren, die die Sagengestalt Conán Maol an Ort und Stelle genossen und danach seine Taschen geleert haben soll.

„Es geht um den Erhalt der mit den archäologischen Stätten verbundenen Folklore

Taschen voller Muscheln, die sich zu eben jenem unscheinbaren Hügel an der See geformt haben, der jüngst, um wieder zu Gibbons Hilferuf zu gelangen, bei einem Sturm schwer beschädigt worden ist. So schwer, dass bereits das nächste Unwetter das Ende dieser historisch erlesenen Stätte bedeuten könnte.

(RTE-Beitrag zum Thema / auf Englisch)

„Hier und andernorts geht es um den Erhalt der mit den archäologischen Stätten verbundenen Folklore. Die konkreten Gefahren lauten Erosion und Zerstörung – und damit Verlust der wunderbaren Geschichte unserer Vorfahren, die hinter diesem wertvollen Hügel stehen“, appelliert der Wissenschaftler.

Wer diese Menschen waren und woher sie ursprünglich kamen, ist mittlerweile ebenfalls bekannt. „Die frühesten Siedler kamen aus Iberien, überquerten die Pyrenäen durch Frankreich und stiegen entweder in Großbritannien oder Nordfrankreich in Boote, um hier anzulanden“, schildert Gibbons.
Sie seien wahrscheinlich enttäuscht gewesen, als sie nach langer Reise feststellen mussten, dass es auf dem Eiland keine Tiere gab. Kein Vieh, keine Schafe, keine Pferde, keine großen Säugetiere.

Daher waren die Siedler den Untersuchungen zufolge umso mehr abhängig von Schalentieren und Meereskost. Und von Nüssen, die es in den damals stark bewaldeten Landschaften der Region gegeben haben muss.

„Sie lebten in einer Welt, in der sie permanent auf Nahrungssuche waren, jagten und fischten. So lebte man hier etwa 4.000 Jahre lang“, beschreibt Gibbons das steinzeitliche Dasein an der irischen Westküste, für das An Toit Chonáin in besonderer Weise steht.

Wie der Hügel sollen in der Region laut RTE Hunderte von Stätten direkt vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht sein. Daher ist Eile geboten, sonst war es das. Denn die See wird steigen. Langsam, aber sicher.

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