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Abgerissen in Helsinki

Finnland: Sowjet-Geschenk „Monument des Weltfriedens“ seit heute (vorerst) Geschichte

In Helsinki ist an diesem Montagmorgen das „Monument des Weltfriedens“ abgerissen worden, das in der Stadt im Jahr 1990 als Geschenk der Sowjetunion aufgestellt worden ist. An der Stelle soll nun im Zuge eines Straßenbahn-Projektes ein Fußgängerweg gepflastert werden.

Weltfrieden Denkmal Helsinki abgerissen
Maailman rauha oder Rauha maailmalle, Världsfreden auf Schwedisch, ist eine Bronzeskulptur des Bildhauers Oleg Kirjuchin, die der Stadt Helsinki von der Stadt Moskau geschenkt wurde. (Foto: Matti Mattila / CC BY 2.5)
Das Denkmal ist Eigentum des Kunstmuseums von Helsinki. Hier soll es laut Yle.fi nun erstmal eingelagert werden, bis über sein endgültiges Schicksal entschieden worden ist.

Moskau schenkte Helsinki das Denkmal 1989. Es ist sechseinhalb Meter hoch und zeigt Menschen, die mit erhobenen Armen eine umkränzte Weltkugel hochhalten. Das Ganze im unverkennbar pathetischen Stil sowjetischer Denkmäler. Die Skulptur befindet sich in der Hakaniemenranta, zentral gelegen in Helsinki, und wurde am 14. Januar 1990, zwei Monate nach dem Fall der Berliner Mauer, enthüllt.

Die Weltfriedens-Skulptur ist eine von vielen Replikaten der Originalskulptur. Zahlreiche dieser Replikate wurden in Städten der Sowjetunion aufgestellt, – die Replik in Helsinki war wahrscheinlich die letzte, die errichtet wurde. Helsinki ist der einzige Ort außerhalb der ehemaligen Sowjetunion, an dem eine Kopie der Skulptur stand.

Bereits bei seiner Aufstellung hatte das Monument in Helsinki eine lebhafte Debatte ausgelöst. Und wurde wiederholt zum Angriffsziel. So etwa 1991, als drei Studenten es geteert und gefedert hatten, um deutlich zu machen, dass für ein Sowjet-Mahnmal in der Stadt kein Platz sei. 2010 gab es sogar einen gescheiterten Versuch, die Statue in die Luft zu jagen.

Im Jahr 2022 brauchte es schließlich keinen zivilen Ungehorsam mehr, um das Kapitel zu beenden. Russland hat den im Monument beschworenen Weltfrieden selbst mit Füßen getreten. Das Denkmal ist damit für die Entscheider der Hauptstadt möglicherweise untragbar geworden. Baustelle hin oder her.

Dennoch gibt es von offizieller Seite Stimmen, die den Abriss nur als eine verübergehende Lösung ansehen. So zitierte gestern „Helsingin Sanomat“ Reetta Heiskanen, die stellvertretende Kulturdirektorin der Stadt Helsinki, mit folgenden Worten.

„Wir werden uns an den gewohnten Prozess der Stadt halten, ein öffentliches Kunstwerk so nah wie möglich an seinem ursprünglichen Standort zu platzieren und es in seinem Kontext zu belassen.“

Man werde nun erst die Bauarbeiten abwarten, um über einen neuen Standort zu entscheiden. Dies könne aber Jahre dauern, so Heiskanen. Ein Spiel auf Zeit? Man weiß es nicht in diesen Tagen.

Der konservative Politiker Atte Kaleva, seit 2017 Mitglied des Stadtrats von Helsinki und seit September 2021 Mitglied des finnischen Parlaments, hat dazu eine ziemlich klare Meinung:

„In Anbetracht der Aggression Russlands gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine und seines Vorgehens nach sowjetischem Vorbild wäre es eine Farce, die Statue an ihren ursprünglichen Standort zurückzubringen“, sagte er bereits Mitte März.

Stattdessen schlägt er vor, für Statuen mit klarem Bezug zur Sowjet-Ära „einen besonderer Bereich zu schaffen“. Eine Art Mahnmal für die russisch-sowjetische Diktatur der finnischen Ära, wie er es nennt. Und zwar außerhalb des Zentrums der finnischen Hauptstadt.

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Albrecht Winkler
Albrecht Winkler
9. August 2022 9:57

Nach meinen Informationen soll das Denkmal für den Weltfrieden anderenorts, aber nah an seinem ursprünglichen Standort wieder aufgestellt werden! Helsingin Sanomat berichtet am 08.08.2022: „… Wir folgen dem normalen Prozess der Stadt, ein öffentliches Kunstwerk so nah wie möglich an seinem ursprünglichen Standort zu platzieren, d.h. es in seinem Kontext zu halten“, sagt Reetta Heiskanen, stellvertretende Direktorin für Kultur der Stadt Helsinki. Um über den genauen neuen Standort zu entscheiden, sollten wir abwarten, bis die Bauarbeiten auf der Baustelle abgeschlossen sind, sagt sie. „Die nächsten Jahre werden wahrscheinlich die genaueste Schätzung sein, die ich abgeben kann.“ – „”Noudatamme normaalia kaupungin… Read more »

Albrecht Winkler
Albrecht Winkler
9. August 2022 10:41

Ich bitte um Korrektur dieses Artikels! Helsingin Sanomat berichtete gestern: https://www.hs.fi/kaupunki/art-2000008990353.html Bitte keine Fehlinformationen in die Welt setzen. Ein Denkmal für den Weltfrieden ist nach finnischer Meinung erhaltenswert, auch wenn die damalige Sowjetunin die Schenkende war

Redaktion
Webmaster
9. August 2022 12:55

Sehr geehrter Herr Winkler, vielen Dank für diese Information. Wir haben das von Ihnen genannte Zitat nun in den Artikel integriert und den Kontext angepasst. Es war schlicht und ergreifend nicht Teil der Meldung, auf die wir uns gestern ursprünglich bezogen haben. Dennoch ist uns das Wort „Fehlinformation“ zu scharf. Aus dem Artikel geht schließlich klar hervor, dass das Monument nun erstmal eingelagert wird, damit dann später über die weitere Verfügung entschieden werden kann. Genauso schreibt es auch Helsingin Sanomat. Und auch, dass es in Helsinki seit Jahr und Tag eine öffentliche Kontroverse rund um das Monument gibt. Insofern betrachten… Read more »

Albrecht Winkler
Albrecht Winkler
10. August 2022 7:10
Reply to  Redaktion

… wenn Sie nun auch noch den Begriff „abgerissen“ richtigerweise durch den Begriff „abgebaut ersetzten, und ergänzten, dass das Ganze geschehen ist, weil eine lange vor dem Ukraine-Einmarsch geplante Straßenbahn dort gebaut wird, und nicht nur ein Fußweg, bekäme Ihr Bericht noch mehr Richtigkeit! In der vorliegenden Form suggeriert er immer noch, dass der Einmarsch Russlands zum vorläufigen Abbau des Friedensdenkmals führte, was nicht Fakt ist.
Viele Grüße, Albrecht Winkler

Alwin Pipper
Webmaster
10. August 2022 12:10

Sehr geehrter Herr Winkler, vielen Dank nochmals für Ihren Kommentar: Der Hinweis auf die Straßenbahn ist seit unserem gestrigen Update sehr prominent enthalten. Und dann noch das Zitat eines Konservativen aus dem Stadtrat von Helsinki, das klar sagt, dass es hier nur vordergründig um das Bauprojekt geht: „In Anbetracht der Aggression Russlands gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine und seines Vorgehens nach sowjetischem Vorbild wäre es eine Farce, die Statue an ihren ursprünglichen Standort zurückzubringen“. Stattdessen scheint es aktuell Überlegungen zu geben, für Statuen mit klarem Bezug zur Sowjet-Ära einen besonderen Bereich in Helsinki zu schaffen. Und zwar einen dezentralen.… Read more »

Albrecht Winkler
Albrecht Winkler
11. August 2022 8:13
Reply to  Alwin Pipper

„Stattdessen scheint es aktuell Überlegungen zu geben, für Statuen mit klarem Bezug zur Sowjet-Ära einen besonderen Bereich in Helsinki zu schaffen. Und zwar einen dezentralen.“ – Woher sie diese Informationen haben, bleibt leider völlig im Dunklen! Nach solchen obskuren Vorstellungen müsste dann ja auch die Friedensstatue am Südhafen an jenen dezentralen Ort verschwinden: Absurd! “ Statue des Friedens Ehrenströmintie 12 – Helsinki – Autor Essi Renvall Veröffentlicht 1968 – © Kuvasto Die Statue des Friedens wird durch die finnischen, schwedischen und russischen Texte auf der Statue gut illustriert: „Diese Friedensstatue wurde am 6. April 1968 vom finnischen Volk als Symbol… Read more »

Redaktion
Webmaster
11. August 2022 17:39

Sehr geehrter Herr Winkler, dann kommt jetzt Licht ins Dunkel: https://www.helsinginuutiset.fi/paikalliset/4517232 Uns haben viele Kommentare erreicht, die sich auf das auch von Ihnen angeführte Zitat der stellvertretenden Direktorin für Kultur der Stadt Helsinki berufen. Und aus dem man ja in der Tat ableiten könnte, dass da ein im Grunde recht normaler Vorgang passiert sei. Sprich: Straßenbahn von langer Hand geplant, Monument muss (nur) daher weichen. Standortnaher Ersatz ist anvisiert, eventuell aber erst in ein paar Jahren. Aha. Aha. Ein mögliches „Spiel auf Zeit“ haben wir das in unserem Artikel genannt. Warum? Weil demokratisch legitimierte Politik manchmal eben auch so operiert,… Read more »