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Den Wolf zu Füßen?

Finnland: Kind vor 7.500 Jahren mit Artefakten aus Vogelfedern und Fellen begraben

Basierend auf archäologischen Untersuchungen konnten menschliche Überreste unter einer Schotterstraße in Ostfinnland als Kind identifiziert werden, das vor etwa 7.500 Jahren im Alter von drei bis zehn verstarb.

Kind Steinzeit Grab Finnland
Eine künstlerische Darstellung des in Majoonsuo begrabenen Kindes. (Bild: Tom Björklund)
Hinzu kommt nun die in einer Studie artikulierte Vermutung, dass das Kind in seiner steinzeitlichen (mesolithischen) Grabstätte zusammen mit Artefakten tierischen Ursprungs dem Jenseits überlassen wurde.

Auf einer Art Daunenbett liegend, könnte dabei sogar ein Wolf oder Hund zu Füßen des Kindes mitbegraben worden sein. Ausgangspunkt der Theorie waren mikroskopisch kleine Fragmente, die zuletzt bei einer Grabung in Majoonsuo in der Gemeinde Outokumpu zum Vorschein kamen.

Fragmente von Vogelfedern sowie Haaren von Hunden und kleinen Säugetieren, um genau zu sein. Auch Pflanzenfasern konnten gesichert werden, wobei nicht nur das dahinterstehende Ritual, sondern allein schon der materielle Nachweis aus wissenschaftlicher Sicht für Aufsehen sorgt.

Finnlands Böden sind sauer – man könnte auch sagen: gefräßig
Majoonsuo Ausgrabung
Die rot-ockerfarbene Begräbnisstätte des Kindes in Majoonsuo. (Foto: Kristiina Mannermaa)

Denn: Als einzigartig werden die durch eine Bodenanalyse gewonnenen Erkenntnisse auch deshalb beschrieben, weil organische Materialien in den sauren Böden Finnlands über derart lange Zeiträume normalerweise so gut wie nicht nachweisbar sind.

Bekannt ist, dass Verstorbene im Finnland der Steinzeit hauptsächlich in Erdgruben beigesetzt wurden. Jedoch konnten in diesen Gräbern bislang nur selten Spuren von menschgemachten Beigaben nachgewiesen werden. Hier setzt der neueste Fund ganz offensichtlich Maßstäbe.

Gefunden hatte ein Team des Archäologischen Felddienstes der finnischen Denkmalschutzbehörde das Grab bereits 2018. Verraten hatte den Standort damals der Nachweis von Tonerde, deren intensive Ockerfarbe sich vielfach im Umfeld alter Gräber finden lässt.

Zunächst wurden bei der archäologischen Ausgrabung nur einige Zähne des verstorbenen Kindes gefunden, durch die sich das Lebensalter auf besagte 3 bis 10 Jahre konkretisieren ließ. Darüber hinaus wurden in dem Grab Pfeilspitzen und mögliche Quarzobjekte gefunden.

Anhand u.a. der Form der Pfeilspitzen konnte die Bestattung dann auf das Mesolithikum, also den Zeitraum vor etwa 7.500 Jahren, eingegrenzt werden. Insgesamt wurden 65 Beutel mit Bodenproben entnommen, dazu kamen Vergleichsproben von außerhalb des Grabes.

Der Boden wurde schließlich im Archäologielabor der Universität Helsinki analysiert, wo die organischen Substanzen mit Wasser aus den Proben herausgelöst wurde. Auf diese Weise konnten die freigelegten Fasern und Haare mithilfe modernster Mikroskop-Technologie identifiziert werden.

In den Bodenproben wurden 24 mikroskopisch kleine (0,2-1,4 mm) Fragmente von Vogelfedern gefunden, von denen die meisten aus Daunen stammten. Es handelt sich um die ältesten Federfragmente, die jemals in Finnland entdeckt worden sind.

Obwohl sich die Herkunft der Daunen nicht mit Sicherheit feststellen lässt, könnten sie von einem Kleidungsstück stammen, beispielsweise einer Art Anorak. Es ist auch möglich, dass das Kind bei seinem Begräbnis auf einem Daunenbett gelegen hat.

„Der Fund in Majoonsuo ist sensationell“

Neben diesen und weiteren Federfragmenten wurden auch 24 Fragmente von Säugetierhaaren nachgewiesen, alle zwischen 0,5 und 9,5 Millimeter lang. Leider waren die meisten davon nicht mehr identifizierbar.

Bei dreien gelang jedoch der direkte Bezug zu einem Hund oder Wolf. Die Forscher gehen davon aus, dass es eine Grabbeigabe in Form von Schuhwerk gegeben haben könnte. Oder aber, dass ein Wolf oder Hund bei der Beerdigung zu Füßen des Kindes lag.

„Hunde als Grabbeigabe zu Verstorbenen wurden zum Beispiel in Skateholm gefunden, einer berühmten Stätte in Südschweden, die etwa 7.000 Jahre alt ist“, teilte Professorin Kristiina Mannermaa von der University of Helsinki zu der Vermutung mit.

„Der Fund in Majoonsuo ist sensationell, auch wenn von dem oder den Tieren nur noch Haare übrig sind – nicht einmal Zähne. Wir wissen nicht einmal, ob es sich um einen Hund oder einen Wolf handelte“, so die Forscherin.

Dennoch zeige die verwendete Analysemethode, dass sich Spuren von Fell und Federn sogar in mehrere Jahrtausende alten Gräbern nachweisen ließen. „Selbst in Finnland“, sagt Mannermaa, dessen Böden dafür wahrlich nicht prädestiniert zu sein scheinen.

Im Rahmen der Studie wurde eine Technik zur Trennung der Fasern entwickelt, die bereits in Folgeanalysen angewandt wird. Das Projekt hat damit einmal mehr den hohen Informationswert von Bodenproben aus archäologischen Stätten gezeigt.

Zur Info: Das Mesolithikum, die Mittelsteinzeit, wird je nach Region auf den Zeitraum um 10.000 bis 5.000 vor Christus datiert.

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