Extrem gut erhalten
1.300 Jahre alter Jagdpfeil auf schmelzendem Gletscher entdeckt
Archäologen haben Ende September einen erstaunlich gut erhaltenen, rund 1.300 Jahre alten Jagdpfeil auf dem Lendbreen-Gletscher in Norwegen entdeckt. Das Artefakt wurde im Rahmen des Projekts „Secrets of the Ice“ geborgen, das sich auf die Erforschung schneereicher Regionen spezialisiert hat.
Der Fundort hat sich längst als Fundgrube für menschliche Erzeugnisse aus weit zurückliegenden Jahrhunderten entpuppt. Projektleiter und Gletscherarchäologe Lars Holger Pilø dazu: „Lendbreen ist ein alter Bergpass, der vor allem Spuren von Rentierjagd freigibt. So auch diesen Pfeil.“
Das Besondere an diesem Fund ist der exzellente Erhaltungszustand des Pfeils. Er zeigte bei seiner Entdeckung zwar Spuren von Rost, ist ansonsten aber trotz der vielen Jahre im Eis absolut intakt geblieben.
Der Pfeil war seit 1.300 Jahren buchstäblich in der Zeit eingefroren“
Auf Bildern, die Pilø der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat, ist zu erkennen, wie der Pfeil auf der Eisfläche liegt. Ein klares Indiz dafür, dass die Gletscherschmelze immer mehr Schichten freilegt, die bisher vom Klimawandel unberührt geblieben sind.
Pilø erklärt: „Dieser Pfeil war seit seinem Verlust vor rund 1.300 Jahren buchstäblich in der Zeit eingefroren.“ Die Datierung erfolgte anhand der Form der eisernen Pfeilspitze, die einem bekannten Typus entspricht, der in Gräbern aus der Zeit um 700 nach Christus gefunden wurde.
Damit ist der Pfeil älter als die Wikingerzeit, die von etwa 800 bis 1050 nach Christus dauerte. „Wir haben schon mehrere Pfeile mit einer ähnlichen Spitze entdeckt. Doch keiner war so gut erhalten wie dieser. Er befindet sich in einem außergewöhnlichen Zustand“, so Pilø weiter.
Seit 2006 arbeiten Pilø und sein Team daran, im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Bezirksrat von Innlandet und dem Kulturhistorischen Museum in Oslo Funde aus dem Eis zu bergen. Seither finden sie in der Region nahezu jährlich spektakuläre Artefakte.
Immer mehr archäologische Funde aus dem Eis = direkter Effekt des Klimawandels
Allein im Bezirk Innlandet haben die Forscher bislang 69 Fundstellen dokumentiert und über 4.000 archäologische Artefakte geborgen. Der Fund des Pfeils reiht sich also in eine lange Liste bemerkenswerter Entdeckungen ein.
Dass immer mehr archäologische Funde aus dem Eis auftauchen, ist laut Pilø ein direkter Effekt des Klimawandels. So ist seit 1900 die Durchschnittstemperatur in Norwegen um 1,1 Grad Celsius gestiegen, wie aus Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) hervorgeht.
Der Temperaturanstieg hat sich in den letzten Jahren insbesondere in den Frühlingsmonaten und in den nördlicheren Landesteilen beschleunigt. Besonders auf den Svalbard-Inseln (Spitzbergen) war die Erwärmungsrate höher als auf dem norwegischen Festland, so die IEA.
Klimamodelle prognostizieren, dass die Durchschnittstemperatur in Norwegen bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa 4,5 Grad Celsius höher sein wird als im Zeitraum von 1971 bis 2000. Ein absoluter Wahnsinn eigentlich, der Gletscherarchäologen allerdings Tür und Tor öffnet. Immerhin das.