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Soziales

Finnland: Beihilfekürzung trifft die Hälfte aller „Alg II“-Empfänger

Seit dem 1. Januar 2018 gilt in Finnland ein neues Gesetz zur „Aktivierung von Arbeitslosen“. Demnach müssen Arbeitslose alle drei Monate nachweisen, dass sie nach Arbeit gesucht haben. Wenn die Bemühungen als unzureichend beurteilt werden, kann das Arbeitsamt die Grundsicherungsleistung um 4,65 Prozent beschneiden, das entspricht in etwa einem Tagessatz der Beihilfe.

Finnisches Parlament Aktiivimalli
Im finnischen Parlament. Seit dem 1. Januar 2018 gilt in Finnland das „aktive Modell“ oder „Aktivierungsmodell“, aktiivimalli, für Arbeitslose. (Foto Marja Mäkelä)

Nun ist die erste Prüfungsperiode vorbei. Wie heute Yle Nachrichten berichtet, ist der Hälfte der 190.000 vom „Aktivierungsmodell“ betroffenen Personen die Beihilfe gekürzt worden. Zahlen der finnischen Sozialversicherungsanstalt Kela zufolge sind es genau 49,8 Prozent der Empfänger von dem, was man in Deutschland „Arbeitslosengeld II“ bzw. „Hartz IV“ und in Österreich „Notstandshilfe“ nennen würde.

Davon unberührt sind die Arbeitslosengeldempfänger, deren Entgeltersatzleistung von der Arbeitslosenversicherung gedeckt ist. In Finnland orientiert sich das Arbeitslosengeld in den ersten 400 Tagen an der Höhe des letzten Verdienstes, sofern zuvor eine versicherungspflichtige Arbeit ausgeführt wurde.

Die Arbeitslosengeldempfänger der zweiten Kategorie müssen in Finnland nach dem neuen Gesetz 18 bezahlte Arbeitsstunden vorweisen, an einem anerkannten Fortbildungsprogramm teilnehmen oder Rechnungen in Höhe von mindestens 241 Euro für selbständige Arbeit vorlegen.

Diese Kriterien konnten von etwa 94.000 Menschen nicht erfüllt werden, so Kelas Schätzung. Diesen Personen werden 4,65 Prozent der monatlichen Leistung gekürzt. Bei einer Beihilfe von 696 Euro pro Monate entspricht es einer Kürzung um 32,40 Euro.

Kritiker des neuen Systems sagen, das sogenannte Aktivierungsmodell werde zur Scheinbeschäftigung führen und letztlich nur die Arbeitslosenstatistiken schönen. Zudem wird kritisiert, dass Arbeitslose in Helsinki es leichter haben, die Kriterien zu erfüllen als Menschen in kleinen Orten, wo es kaum Möglichkeiten gibt, Auftragsarbeiten auch nur für einen Tag zu finden.

Eine Unterschriftenaktion zur Abschaffung des neuen Gesetzes fand innerhalb kürzester Zeit die nötigen 50.000 Unterschriften, und wurde bereits im März dem Parlament vorgelegt.

Siehe auch: Finnland: Arbeitslosenquote im Januar bei 8,8 Prozent

ap

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