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Daten als Souveränes Staatsgebiet

Estland eröffnet Daten-Botschaft in Luxemburg

Mal wieder könnte Estland mit einem Pilotprojekt beispielhaft für die Länder der Welt werden. Das Land will Ende des Jahres eine Daten-Botschaft in Betzdorf, Ost-Luxemburg, eröffnen.

Estland wird im vergangenen Jahr in einem Bericht der Weltbank als „einer digitalen Gesellschaft am nächsten“ beschrieben. Eine digitale Gesellschaft ist abhängig von der Informations- und Kommunikationstechnologie, und von der Sicherheit derselben. In Zeiten von Cyber-Angriffen muss man neue Sicherheitskonzepte entwickeln, die einen möglichst hohen Schutz der Daten gewährleisten.

Besiegelt, Estland eröffnet Daten-Botschaft in Luxemburg
Ministerpräsidenten Jüri Ratas (l.) und Xavier Bettel bei der Vertragsunterzeichnung. (Foto Ave Tampere, Valitsuse kommunikatsioonibüroo)

Estland will digitale Kontinuität schaffen

Bereits 2007 wurde Estland Opfer von russischen Hackerangriffen. Damals wurden 58 Websites gleichzeitig lahmgelegt, darunter Regierungswebsites, Nachrichtenseiten und Banken. Zwar kam es damals zu keinem Verlust von Daten, doch stellte sich für die Esten die Frage nach der Sicherung der selben.

Seit der Annexion der Krim durch Russland im Jahre 2014 wurde die Frage der Sicherheit von Daten erneut drängend.

„Eine der wichtigsten Aufgaben für jeden Staat ist es, die Kontinuität des Staates und seiner Dienste aufrechtzuerhalten.“, wird Siim Sikkut, Regierungsberater für Informations- und Kommunikationstechnologie, auf der Website von e-estonia.com zitiert.

„Die estnische Gesellschaft ist soweit digitalisiert, dass es unvorstellbar erscheint, in die Papier-Ära zurückzukehren. Darum tun wir unser Möglichstes, um IT-Sicherheit und damit die digitale Kontinuität zu bewahren. Wir haben Back-Up-Datenzentren in Estland,“ führt er weiter aus, „aber, um auf alles vorbereitet zu sein, zum Beispiel, auf einen groß angelegten Cyber-Angriff, eine Naturkatastrophe oder auf konventionelle Angriffe auf die Datenzentren – dafür benötigen wir Sicherungskopien außerhalb unserer Landesgrenzen.“

Daten-Botschaft in Betzdorf

In den letzten Jahren hat Estland mit verschiedenen Ländern Sondierungsgespräche geführt. Nun hat man in Luxemburg einen diplomatischen Partner für eine digitale Botschaft gefunden.

In einem Hochsicherheits-Datenzentrum in Betzdorf, einer Gemeinde im Osten Luxemburgs, wird die erste Daten-Botschaft eröffnet. Dort werden die vertraulichsten und kritischsten Daten Estlands als Kopie abgespeichert werden.

Ende des Jahres, spätestens Anfang 2018, soll die Botschaft ihren Dienst aufnehmen. Es ist wahrscheinlich, dass Estland weitere Daten-Botschaften eröffnen wird. Man möchte diese Entscheidung jedoch davon abhängig machen, welche Erfahrungen man mit der Botschaft in Luxemburg gewinnt.

Am 20. Juni unterschrieben Jüri Ratas und Xavier Bettel, Ministerpräsidenten von Estland und Luxemburg, eine entsprechenden Vertrag, der die Gründung der weltweit ersten Digital-Botschaft besiegelt. Diese Botschaft wird den selben Schutz und Immunität genießen, wie die herkömmlichen diplomatischen Vertretungen.

Estland und Luxemburg haben damit einen Präzedenzfall geschaffen für eine digitale Staatenvertretung, die unter das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen fällt. Das bedeutet, dass das Gastland der Daten-Botschaft keinen Zugang zu den Daten erhält. Die Daten sind souveränes Staatsgebiet Estlands in Luxemburg.

Möglich, dass Estlands Vorgehen weltweit Schule machen wird.

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